Dem Zufall auf die Sprünge geholfen

Noch vier Stunden.

Unsere Halle hat sich in eine Kongress- und Party-Location verwandelt. Ich möchte nicht zuviel verraten, aber auf diese Idee – hier Kongresse und Partys zu veranstalten – hätten wir auch schon früher kommen können.

Martin Ax macht uns heute in der Welt ein Geburtstagsgeschenk:

Glauben Sie an Zufälle? Dann sollten Sie dies lesen: Es waren einmal zwei Internet-Firmen in der Medienstadt Hamburg. Die eine, Sinner Schrader AG, ging 1999 an die Börse, schöpfte den Höhenflug der New Economy voll aus und stürzte mit in die Krise: 2001 hatte sie 280 Mitarbeiter – und Aufträge nur für 150. Sie mußte sich gesundschrumpfen, mit Konzentration aufs Kerngeschäft neu beginnen.

Wie die andere Firma heißt, die übrigens morgen feiert, und wie die Geschichte weitergeht, steht in der Welt. (Im letzten Satz erfährt der geneigte Leser, wie dem Zufall auf die Sprünge zu helfen ist.)

Computersozialisierung bei Horten

Teil 1 der mehrteiligen Serie zum zwanzigjährigen Bestehen der Page und zum zehnjährigen Bestehen von SinnerSchrader
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1986 erschien die Erstausgabe der PAGE und ich kaufte mir einen Atari ST, genauer einen Atari 1040STF. Shiraz Shivji, der vorher schon mit dem Commodore 64 den erfolgreichsten Homecomputer aller Zeit entwickelte, hatte zusammen mit sechs weiteren Ingenieuren im Jahr zuvor innerhalb von fünf Monaten das Kunststück vollbracht, einen modernen Prozessor (den Motorola 68000er) mit einem akzeptablen Betriebssystem inklusiver grafischer Benutzeroberfläche (GEM von Digital Research) zu einem unschlagbaren Preis von unter 1.500 DM zu verdrahten. Das entsprach einer Summe, die für einen Schüler in den 80er Jahren in sechs Wochen Sommerferien gerade noch erjobbar war.
Neben dem Preis hatte der Atari ST aber weitere Features, die für mich magische Anziehungskraft besaßen: Da war zum einen sein hochauflösender und flimmerfreier Monochrombildschirm, vor dem man nächtelang sitzen konnte ohne an Augenkrebs zu erkranken, zudem besaß er eine schnelle RS232-Modemschnittstelle – und es war gerade Signum2 erschienen. Dazu muss ich weiter ausholen.
Meine Computersozialisierung fand, wie bei nicht wenigen meiner Generation, im Kaufhaus statt. Genauer bei Horten in der Hamburger Mönckebergstraße, 3. Etage. Dort, wo heute Saturn Espresso-Vollautomaten verkauft. Meine LCD-Armbanduhr von Tchibo signalisierte das Jahr 1982 und die Jungs, die so wie ich zuwenig Verabredungen und zu viele Pickel hatten, trafen sich nach der Schule in den Computerabteilungen der großen Kaufhäuser, um Software zu tauschen. Wir hatten alle unser Konfirmationsgeld in Heimcomputer von Atari, Commodore oder Sinclair gesteckt, und die Kisten brauchten Futter. Das Abtippen von Listings aus Computerzeitschriften fanden wir doof und so kopierten wir, was das Zeug hielt.
Praktischerweise konnten wir hierzu die Rechner aus den Verkaufsausstellungen nutzen, wenn wir für die Verkäufer eine Kopie mitzogen. Ich hatte damals einen VC20, ein Dutzend Schuhkartons voller Tapes (Disketten kamen erst später), und das Netzwerk meiner Tauschfreunde verteilte sich schnell über die ganze Republik. Zur Portofinanzierung kopierte man gegen eine amtliche Aufwandsentschädigung gelegentlich ein Tape für ein paar Landeier und Erwachsene mit. Erst viel später entwickelte ich deswegen flüchtige Gewissenbisse, als ich durch Google erfuhr, dass die Programmierer meiner Lieblingsspiele, Tom Griner („Shamus“) und Jeff Minter („Return of the Mutant Camels“), damals selbst noch zur Schule gingen.
Die Weihnachtstage des Jahres 1983 zerstörten unser Netzwerk über Nacht. Der C64 wurde als VC20-Nachfolger zu „dem“ Weihnachtsgeschenk der Saison: Eine ganze Elterngeneration hatte es sich offenbar vorgenommen, ihre Kinder am Vorabend des Orwell-Jahres fit für das Computerzeitalter zu machen. Der C64 wurde zum mainstreamigen Popper-Computer. Im Frühjahr 1984 schwenkte dann die zersplitterte und gedemütigte Homecomputer-Szene mangels Alternativen auf den C64 um. Software gab’s plötzlich auf dem Schulhof im Überfluss, unsere Kopiererszene verflüchtigte sich.
Fortsetzung folgt

Was ist User Centric Design?

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Das erklärt jetzt eine schicke Broschüre [PDF] von SinnerSchrader Neue Informatik, die sich diesem Thema verschrieben hat. User Centric Design ist keine Raketenphysik, um es mit den Worten von Dr. Stefan Kunze zu sagen, seines Zeichens Diplom-Physiker und Geschäftsführer. So heißt es in der Broschüre:

Viele der angewandten Methoden sind in der Literatur beschrieben und könnten im Prinzip von jedermann erlernt und angewendet werden. Es zeigt sich jedoch in der Praxis, dass dies nur in wenigen Fällen wirklich gelingt. Die erfolgreiche Anwendung von User Centric Design ist untrennbar verbunden mit Interdisziplinarität, Kundenorientierung und Konzentration auf die Bedürfnisse des Nutzers – kulturelle Werte, die nicht einfach in jeder Organisation zu etablieren sind.

Wohl wahr. Und natürlich läuft längst nicht jedes Projekt nach der reinen Lehre des User Centric Design. Aber besser wär’s.

Neustart

Hätte die Computerwoche noch ihr legendäres, frei zugängliches Online-Archiv mit allen Ausgaben seit 1974 (!) im Volltext, dann würde ich jetzt auf eine lesenswerte Story von Alexander Freimark hinweisen. Unter der Überschrift „Neustart der Web-Agenturen“ schreibt er dort:

Das Internet ist wieder en vogue, der Zusammenbruch der New Economy endgültig abgehakt. Die Branche der Web-Agenturen verspürt starken Aufwind.

Starring (in der Reihenfolge des Auftritts): Oliver Sinner, Matthias Schrader, ein anonymer Web-Spezialist, Marco Seiler, Michael Riese und ein ebenfalls namenloser Vorstand.