Retargeting: Desaströse Umsetzungskonzepte erinnern an Dynamitfischen

Einige Anbieter zerstören die Reputation von Retargeting bei Endkunden und Werbungtreibenden durch desaströse Umsetzungskonzepte, die an Dynamitfischen erinnern.
Dynamite_spotmedia.jpeg
Retargeting hat sich in den letzten Jahren in der Display-Werbung als erfolgreiches Marketinginstrument etabliert. Gegenüber der klassischen Reichweitenausspielung konnte die Wirkung der Display-Kampagnen durch personalisiertes Retargeting um bis zu 600 Prozent gesteigert werden. Aufgrund des großen Erfolges hält dieses Vorgehen nun Einzug in den Bereich E-Mail-Marketing.
Bei Retargeting geht es darum, den Kunden mit gezielten und für ihn relevanten Ködern an die Angel zu bekommen. Doch im sensiblen Umfeld von personenbezogenen Daten sind einige wichtige Dinge zu beachten. So ist die Vorgehensweise einiger Anbieter am Markt und der Einsatz von brachialen Mitteln à la Stalking oder sogar datenschutzwidrigen Methoden äußerst kritisch zu sehen. Sie zerstören das Vertrauen der Kunden und Werbungtreibenden und damit das gesamte Ökosystem. Der dadurch entstehende Schaden ist nachhaltig und völlig unnötig, denn auch mit datenschutzkonformen Lösungen sind enorme Effekte zu erzielen.
Akzeptanz durch Relevanz: Der Kunde sollte im Mittelpunkt des Interesses stehen und nicht der Drang, die Möglichkeiten der Technologien um jeden Preis auszuschöpfen. Es geht darum Mehrwerte durch Erhöhung der Relevanz für den Endkunden zu generieren und damit eine hohe Akzeptanz bei den E-Mail-Empfängern zu erzeugen. Denn nichts ist nerviger als irrelevante Werbung oder Produktpromotions, die den Kunden penetrant im Netz verfolgen.
Punktiert eingesetzte Retargetinglösungen, die durch Frequency Capping eine gesunde Aussteuerung der Werbemittel beinhaltet, muss die oberste Maxime eines jeden Markenartiklers oder Retailers in diesem Bereich sein, denn neben den wirtschaftlichen Zielen steht auch die Markenreputation ohne ein solches Vorgehen auf dem Spiel.
Technisch ist heute vieles möglich. Aber nicht immer entspricht es den geltenden Datenschutzrichtlinien. So ist in Deutschland ohne ein aktives Einverständnis des Kunden das sogenannte Opt-In Verfahren nicht erlaubt, verhaltensbasierte Daten aus dem Webshop eindeutig mit der E-Mail-Adresse des Kunden zu verknüpfen. Das Problem dabei ist, dass viele Werbungtreibende nicht über das aktive Einverständnis verfügen und somit die Informationen zwar vorliegen, aber nicht genutzt werden dürfen.
Um diesem Zustand gerecht zu werden und dennoch die Technologie einsetzen zu können, gibt es aber auch rechtskonforme Lösungen. Der Unterschied hierbei ist, dass diese Lösungen auf anonymisierte Cookies zurückgreifen. Dies erfolgt, indem der Kunde beim Besuch einer Website einen Cookie auf seinem Rechner platziert bekommt, der die verhaltensbezogenen Daten speichert.
Wird dann ein Newsletter ausgespielt und vom Kunden geöffnet, greifen die Retargetingelemente auf die Informationen des Cookies zu und spielen anhand von vordefinierten Regeln die entsprechenden Werbeinformationen aus. Da keinerlei Verknüpfung zwischen E-Mail-Adresse und Cookie geschieht, sind die verhaltensbezogenen Daten weiterhin anonymisiert und für den Werbungtreibenden nicht mit dem eindeutigen Kunden verbunden. Das Vorgehen ist für den Kunden nachvollziehbar, transparent und vor allem 100 % rechtskonform.
Damit ist die technologische Grundlage gegeben, um charmante Kampagnen und Produktpromotions in die E-Mail-Kommunikation einzubinden und die Relevanz für die Endkunden deutlich zu steigern. Aus unseren Praxisbeispielen wissen wir, dass solch datenschutzrechtlich saubere und damit seriöse Lösungen eine Erhöhung des Klickniveaus von bis zu 100 % im Newsletter generieren.
Bei der kommunikativen Aussteuerung von Retargeting-Elementen steht der Mehrwert für den Kunden im Vordergrund. Es gilt, sensible Promotionregeln aufzustellen, die neben einem richtigen Timing vor allem bedürfnisorientiert die Relevanz der Inhalte erhöhen, ohne das Gefühl des gläsernen Kunden zu vermitteln.
Dies kann z. B. heißen, dass man aus dem Wissen, dass sich der Kunde eine rote Hose im Webshop angesehen hat, im Newsletter eienn Teaser einbettet, der die neue Kollektion der Hosen bewirbt, nicht aber die rote Hose erneut zeigt. Unsere praktischen Beispiele bei Kunden zeigen, dass das Modell auf Basis der KPIs erfolgreich funktioniert und keinerlei negative Kundenreaktionen hervorruft.
Spannend bleibt in jedem Fall die Debatte im Rahmen der EU-Datenschutzrichtlinie. Hier sind einige Einschnitte für Anbieter zu Gunsten der Endkonsumenten zu erwarten. Wir unterstützen die Forderung des E-Mail-Experten Dr. Torsten Schwarz, eine Zertifizierung von Anbietern im Hinblick auf Targeting vorzunehmen. Das würde sich positiv auf das Vertrauen der Konsumenten auswirken. Wir müssen vorsichtig und sensibel mit der Technik umgehen. Denn ohne das Vertrauen der Kunden sind die besten Technologien für die Ablage „P“ bestimmt.

Veranstaltungs-Tipp zum Thema

Wo: Internet World Kongress, ICM München
Wann: 27. März 2012, 11:30 Uhr
Wer: Thorsten Blöcker, Leitung E-Dialog bei spot-media
Thema: Der geheime Verführer: 360Grad Retargeting im E-Dialog – Best practice cases zur Steigerung der Content-Relevanz im E-Mail Marketing.

Über den Autor

spotmedia_Oliver_Elbert.jpgOliver Elbert ist seit 2009 Vorstand Marketing & Vertrieb bei spot-media in Hamburg. Zu seinen beruflichen Antriebsfedern gehören die direkte Messbarkeit von Effektivität und Effizienz sowie Trends und Features im E-Commerce-Umfeld. Zuvor leitete er bei der Tchibo direct GmbH den Bereich Sondershops und Community. Als Ausgleich zu seinem beruflichen Engagement spielt Oliver Elbert gern Inline-Hockey oder feuert seine Lieblingsteams beim Fußball und Eishockey an. Mit seiner ansteckend leidenschaftlichen Art bringt der Hobby-DJ auch gern House- und Electro-Freunde in Bewegung.

Eine Version dieses Beitrages erschien heute bei adzine.de.

Was aus meinen Prognosen für 2011 wurde

Anfang Januar hatte ich neun Prognosen für das nun fast abgelaufene Jahr aufgestellt. Zeit für einen Rückblick: Was ist aus meinen Prognosen geworden?

  1. Prognose: Die Generation Internet bleibt auch in diesem Jahr draußen vor der Tür. Die Geburtsjahrgänge ab 1991 sind zahlenmäßig zu schwach, um sich in einer alternden Gesellschaft durchzusetzen, in der Rentner, Pensionäre und Sozialleistungsempfänger den Ton angeben. Realität: Während die Generation Internet nach wie vor keine Rolle spielt, ist die Generation C64 in Gestalt der Piratenpartei ins Berliner Abgeordnetenhaus eingezogen und hat sich mit D64 eine eigene, SPD-nahe Lobbyorganisation geschaffen.
  2. Prognose: Das Leistungsschutzrecht für verlegerische Leistungen, bereits 2009 im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP verankert, steht auch 2011 noch auf der Agenda. Realität: Die Bundesregierung arbeitete im Herbst an einem Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht, der jedoch bis dato nicht vorliegt.
  3. Prognose: Datenschutz und digitale Privatsphäre sind das große Thema des Jahres. Eine neue Generation von Start-ups wie MyCube und Personal bringt konstruktive Lösungen für das Dilemma zwischen digitaler Privatsphäre und Social (the animal formerly known as Social Media). Realität: Datenschutz und die digitale Privatsphäre waren eines der großen Themen des Jahres, das Stichwort lautete Post-Privacy. Von MyCube und Personal war wenig zu hören, dafür umso mehr von der datenschutzkritischen Spackeria, die indes nicht über ein Blog und ein paar kleinere Wellen im Medienteich hinauskam.
  4. Prognose: Das nächste Buch von Jeff Jarvis (Public Parts) gibt dieser Debatte erst richtig Schwung. Es erscheint in diesem Jahr, die deutsche Ausgabe wird unter dem Titel Das Deutsche Paradoxon publiziert. Realität: Das Buch ist erschienen, hatte wenig Einfluss auf die Debatte, entspann aber eine interessante Kontroverse mit Evgeny Morozov.
  5. Prognose: Der Werbemarkt wächst auch 2011 leicht. Die Gewinner sind Online- und TV-Werbung, nicht zuletzt wegen der zunehmenden Konvergenz ihrer Technologien. Realität: Der Werbemarkt wuchs um 2,7 Prozent, was in etwa dem allgemeinen Wirtschaftswachstum entspricht. Für Internetwerbung wurden 13,2 Prozent mehr ausgegeben als im Vorjahr, TV-Werbung legte um etwa drei Prozent zu. Die einzige Verlierergattung waren die Zeitungen.
  6. Prognose: Apple TV bekommt noch in diesem Jahr einen App Store. Damit überträgt Steve Jobs das Erfolgsmodell von iTunes, iPhone, iPad und Mac App Store auf das Fernsehen. Google TV nimmt einen zweiten Anlauf im Weihnachtsgeschäft 2011. Realität: Der App Store für Apple TV ist ausgeblieben, stattdessen verdichten sich Gerüchte um ein vollwertiges Fernsehgerät aus dem Hause Apple. Steve Jobs starb im Herbst nach langer Krankheit, nachdem er im Sommer seinen Posten als CEO an Tim Cook übergeben hatte. Google TV war auch im zweiten Anlauf kein Erfolg, Eric Schmidt kündigte Anfang Dezember jedoch an, dass im schon im Sommer 2012 die Mehrzahl aller neuen Fernsehgeräte mit Google TV ausgestattet sein sollen.
  7. Prognose: Das App-Fieber des vergangenen Jahres klingt weiter ab, aber das neue Paradigma setzt sich durch. Mac App Store, Chrome OS – alles wird App. Sogar Microsoft kündigt einen App Store für Windows an, der aber nicht vor 2013 starten wird. Realität: Das App-Paradigma hat sich durchgesetzt. Der App Store für Windows soll als Beta-Version schon im Februar 2012 verfügbar sein.
  8. Prognose: Das digitale Buch hebt endgültig ab. Amazon bringt den Kindle Store nach Deutschland, Google Books lässt noch auf sich warten, die Sortimente der übrigen Anbieter werden größer. Realität: Erstmals werden ausreichend Bestsellertitel und günstige Hardware angeboten. Der Kindle Store ging schon im April an den Start. E-Reader gehörten zu den Topsellern im Weihnachtsgeschäft. Auf der Frankfurter Buchmesse kündigte Google zwar den Launch seines deutschen E-Book-Angebots noch in diesem Jahr an. Der blieb bislang aber aus.
  9. Prognose: Facebook geht 2011 an die Börse. Der Börsengang schlägt alles, was im digitalen Bereich bis jetzt da war. Es ist ein Meilenstein wie die IPOs von Netscape und Google. Realität: Facebook schob den Börsengang um ein weiteres Jahr hinaus. Die jüngste PR-Offensive lässt einen IPO für das zeitige Frühjahr 2012 erwarten. Statt Facebook gingen 2011 u.a. LinkedIn, Groupon, Pandora und Zynga an die Börse. Die meisten Börsengänge waren zwar eher eine Enttäuschung, dennoch ist es von Vorteil für den Markt, dass der Exit über die Börse möglich bleibt.

Soweit die Rückschau. Was den Ausblick auf 2012 betrifft: In den Kommentaren ist Platz für Anregungen.

Attacke, Amazon – ein Buchhändler kämpft Judo mit Google

Kindle Fire
„Amazon bringt ‚Volks-Tablet’… Kampfpreis 200 Dollar… Erster richtiger iPad-Rivale“ – so oder ähnlich liest man es hunderfach, seit Jeff Bezos den Kindle Fire vorstellte. Solche Analysen sind nicht falsch, gehen aber am Kern vorbei. Denn mit seinem Tablet wagt Amazon eine ambitionierte Kampfansage: Das Unternehmen will nicht weniger als den gesamten Internetverkehr seiner Kunden in seiner Cloud EC2 zwischenspeichern. Damit erklärt Amazon nicht nur Apple den Krieg, sondern auch Google, Facebook und vielen mehr.
Warum?
Zweifellos hat Amazon mit dem Fire eine Duftmarke gesetzt. Konkurrenzfähige Hardware, günstiger Preis und – zumindest in den USA – attraktive Inhalte: von Büchern, Musik bis zu Filmen und TV-Serien. Samsung und Blackberry, denen es ohne iTunes-Store oder Amazons Angebot „Prime“ an Content mangelt, sollten angesichts dieser Konkurrenz warme Schutzhüllen überstreifen.
Im Vergleich dazu kann Apple (noch) gelassen bleiben. Wie bei Mobiltelefonen setzt es auf das Hochpreissegment mit entsprechenden Margen. „Hat’s den Papst gestört, dass Luther kam?“ sagte Harald Schmidt mal über die Konkurrenz mit Stefan Raab. Das gilt vorerst auch für das Verhältnis iPad und Fire.
Bei Google sieht es da schon anders. Um im Luther-Bild zu bleiben, schlägt Amazon hier nicht nur Thesen an die Tür, sondern tritt sie kurzerhand einfach ein. Der weltgrößte Versandhändler greift den Werbe- und Suchmaschinenkonzern gleich auf mehreren Fronten an.
Zunächst einmal betreibt Amazon kostenschonendes Cherrypicking. Als Betriebssystem für den Fire setzt es auf Android. Konkret: auf den kostenlosen Open-Source-Kern ohne die Komponenten Browser und Mail, für die Abgaben an Google gezahlt werden müssten.
Stattdessen vertraut Amazon beim Browser auf die Eigenentwicklung „Silk“. Dieser erlaube Surfen mit nie gesehenen Geschwindigkeiten, egal mit welchem Gerät, egal mit welcher Bandbreite, reklamieren seine Entwickler. Das möglich machen soll die „Split Browser“-Technologie, die den gesamten Internetverkehr über die Amazon-Cloud EC2 abwickelt. Sie lädt die Website (vorausschauend) und liefert diese dann neu-gerendert und ressourcenschonend an den Nutzer aus.
Kindle Fire
EC2 geht also viel weiter als ein Proxyserver. Dahinter steht zudem die extrem robuste Netz-Infrastruktur Amazons, auf der bereits jetzt viele Unternehmen ihre gesamten Online-Aktivitäten hosten.
Wollte man bislang herausfinden, was die Nutzer im Netz tun, musste man ihr Verhalten mühsam über Webanalytics-Tools tracken. Etabliert sich das Surfen via EC2, kommt quasi der permanente Blick über die Schulter. Amazon weiß so, was Silk-Nutzer online tun, was sie klicken, was sie suchen und was sie kaufen. Kombiniert mit den persönlichen Informationen – Amazon ist angeblich der größte Inhaber von Kreditkarten-Daten – wird daraus pures Gold.
Auf einen Schlag wäre Amazon in der Lage, besser zielgerichtete Werbung zu schalten als die bisherigen Platzhirschen Google und Facebook. Bislang kamen Werbungtreibende um die beiden nicht herum.
Nun macht Amazon „Meta-Werbung“ möglich: die Werbung um die Werbung. Schon einmal gab es einen solchen Versuch, der schon ein Jahrzehnt zurückliegt: germany.net. Als das Internet laufen lernte, bot der Call-by-Call-Provider Internetzugänge an, die bis auf die Telefongebühren kostenlos waren – finanziert durch eingeblendete Werbeanzeigen. Ein Modell, das sich nie so richtig durchsetzte.
Damals jedoch waren die Analyticsmethoden noch nicht entwickelt, Targeting so gut wie unmöglich. Aktuelle Technologien erlauben jedoch die Bildung trennschärfster Segmente.
Google und Facebook könnten hier ihre Dominanz eines Tages einbüßen, weil ihr Informationsvorsprung in Gefahr ist. Setzt sich „Split-Browsing“ durch, gäbe es nichts, was Amazon nicht wüsste – ein mächtiges Drohmittel. Es könnte seiner Konkurrenz wichtige Daten vorenthalten, indem sie beim Weg durch die Amazon-Cloud herausgefiltert würden.
Im Gegenzug wäre es natürlich denkbar, dass Webseitenbetreiber das Caching durch Amazon untersagen, um den direkten Draht zum Surfer nicht zu verlieren.
Noch ist das alles nicht entschieden. Fest jedoch steht: Im Spiel der Giganten hat sich Amazon machtvoll zu Wort gemeldet.
Das Internet kann dadurch nur noch besser werden.

Silber für die Youngster

younglions_Pressebild_500px.png
Vom 19. bis 25. Juni findet das jährliche Cannes Lions International Festival of Creativity statt. Im Rahmen der weltweit größten Veranstaltung für die Werbebranche hat der kreative Nachwuchs die Chance, an der 24-stündigen Young Lions Competition teilzunehmen. Bei der bundesweiten Vorrunde haben Lasse Lüders (SinnerSchrader – rechts im Bild), sowie Toby Schröder und Cornelius Uerlichs (beide Lukas Lindemann Rosinski) von rund 70 Einsendungen den zweiten Platz erreicht.
Die Aufgabe für den Vorentscheid bestand darin, für Viva Con Agua ein Printmotiv zu entwickeln. Und das haben Lasse, Toby und Cornelius (v.r.n.l.) daraus gemacht:
vivaconagua.png
Ihr Motiv „Brunnenflasche“ bringt auf den Punkt, wofür die Hamburger Initiative steht: Für die direkte Unterstützung von Brunnenprojekten in Ländern, die Hilfe dringend benötigen.
Auf der offiziellen Website der Young Lions Competition gibt es alle Arbeiten und natürlich die anderen Preisträger.