Mercedes steht mit seinem Werbeausgabeverhalten in Großbritannien offensichtlich nicht alleine: Im ersten Halbjahr 2009 war das Internet zum ersten Mal das größte Werbemedium in Großbritannien, noch vor dem Fernsehen.
Der Onlinewerbeumsatz wuchs in den ersten sechs Monaten um 4,6 Prozent auf 1,75 Mrd. Pfund. Das entspricht einem Anteil von 23,5 Prozent am Werbemarkt. Die Zahlen stammen aus einer Untersuchung des Internet Advertising Bureau (IAB).
Die TV-Werbung schrumpfte im gleichen Zeitraum um 16,1 Prozent auf 1,64 Mrd. Pfund, entsprechend einem Marktanteil von 21,9 Prozent. Der gesamte Werbemarkt in Großbritannien schrumpfte mit 16,6 Prozent sogar noch etwas stärker auf 7,74 Mrd. Pfund.
Mehr dazu: IAB, WSJ, turi2
September 2009
Die neue Mitte wählt FDP. Und nicht die Piraten
Auch wenn sie sich auf Twitter noch nicht zu äußern wagt. Elisabeth Noelle-Neumann formulierte in den 70er Jahren die Theorie der Schweigespirale. Danach hängt es in vielen Fällen von der wahrgenommenen Mehrheitsmeinung ab, ob sich Menschen öffentlich zu ihrer Meinung bekennen.
Auf Twitter war das Bild am Wahlabend klar: großes Entsetzen über die schwarz-gelbe Mehrheit, allgemeine Abscheu gegenüber der FDP. Dabei bin ich fast sicher, dass sich gerade auf Twitter überdurchschnittlich viele FDP-Wähler tummeln. Aber nur wenige von ihnen haben sich öffentlich geäußert, weil sie die Konfrontation mit der wahrgenommenen Mehrheit scheuten.
Es gibt ein neues liberales Milieu, das die Basis für den Wahlerfolg der FDP bildet. Und es ist gar nicht so weit entfernt von denen, die es Arbeit nennen. Gustav Seibt macht in der Süddeutschen Zeitung eine nicht unerhebliche neue Mitte aus.
Diese hätte früher selbstverständlich SPD oder Grüne gewählt. Heute aber ist sie vierteljährlich mit der Abrechnung der Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt beschäftigt. Viele kreative Berufe – Filmproduzenten, Webdesigner, Galeristen, etablierte Schauspieler – sind heute nicht mehr in Groß- und Staatsbetrieben wie Museen und Theatern beschäftigt. Stattdessen betreiben sie schnell entstehende wie vergehende kleine und mittlere Subunternehmen. Zwischen ihnen und dem Staat liegt keine Personalstelle mehr. Und so hat für sie das Wort „Transferleistung“ eine Anschaulichkeit, die da fehlt, wo man nur einmal im Monat achtlos einen Gehaltszettel abheftet.
Dass am unteren Rand dieses Kreativbürgertums die Zwangsverwaltung des Alltags durch die Arbeitsagenturen droht, macht die Einstellungen dieser Leute nicht sozialdemokratischer. Wer fast 20 Prozent Umsatzsteuer für jene öffentlich-rechtlichen Radiohonorare entrichtet, die von den öffentlich-rechtlichen Gebührenempfängern nicht vergütet werden, und wer einmal im Jahr die Bescheide der Künstlersozialkasse über die wahrscheinliche Rente ab 67 erhält, der schaut mit kühlem Blick auf die Rentnerheere bei den anderen Parteien.
Und so fort. Auch für die Piratenpartei, eigentlich eine Art FDP 2.0, hat Seibt eine passende Erklärung parat:
Übrigens mag es sein, dass die Piratenpartei bald den Prekariatsflügel dieses volatilen intellektuellen Unternehmertums darstellt. Und auch das hat nicht nur einen kulturellen Hintergrund, geht es doch um Zugangs- und Verwertungsrechte im Hauptarbeitsfeld dieser Schicht: dem Internet. Und um jene bürgerliche Freiheit sowieso, die den alten Staatsvolksparteien immer öfter weniger bedeutet als die Sicherheit. In diesem Milieu, das wachsen wird, will man sich weder von der Arbeitsagentur das Leben vorschreiben noch vom Staatsschutz durchleuchten lassen.
Dieser Freiheitswille, er hieß einmal Liberalismus.
Die Piratenpartei und mit ihr die lautstarke Mehrheit auf Twitter sitzen vorerst in ihrer Nische fest, als Minderheiten, die sie tatsächlich sind. Denn wie Christoph Salzig treffend bemerkt:
Die Selbstwahrnehmung der Anhänger und einiger Piraten selbst und die erzielte Wirkung stehen in einem dissonanten Verhältnis. Hierzu gibt es in der Marketing-, Werbe- und PR-Welt leider einige unübersehbare Parallelen. Nicht umsonst werden die zum Teile ebenso zaghaften wie untauglichen ersten Schritte einzelner Unternehmen, sich in Web 2.0 (allein, dass dieses Wort aus dem Sprachgebrauch der so genannten Social Media Evangelisten bereits getilgt wurde, spricht Bände) zu versuchen, mit einer Urgewalt gebrandmarkt, dass man den Eindruck gewinnen kann, das Ende des Word Wide Web steht bevor.
Doch die Wahrheit sieht anders aus. Während bisweilen für mehrere Tage (darauf beschränken sich derartige Diskussionen zum Glück) in der Social Media Nische kaum noch andere Themen gehandelt werden, nimmt die „große, weite Welt“ da draußen, kaum Notiz. Nicht allein Vodafone-Sprecher Kuzey Alexander Esener konstatierte, dass der vom „Mikrokosmos“ ausgelöste Social Media „Tsunami“ sich in den Filialen überhaupt nicht ausgewirkt hat. Ein wenig mehr Bodenständigkeit stünde vielen Protagonisten gut zu Gesicht. Das würde das Verständnis für die eigenen Ansichten und dringend notwendige Richtungswechsel in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik substanziell fördern.
Die REWE Feine Welt ist da
Der Lebensmitteleinzelhändler REWE führt die neue Eigenmarke REWE Feine Welt ein. Und ist zu diesem Anlass Neukunde von SinnerSchrader geworden. Wir hatten das Vergnügen, die Onlinepräsenz zur Markeneinführung zu inszenieren (Achtung – heftiges Flash!).
Neben dem filmischen Einstieg gibt es drei Wege, die interaktive Gourmet-Erlebniswelt zu erkunden. Der Konsument kann sich zum einen an verschiedenen Kontinenten und Regionen orientieren. Der zweite Weg führt über eine interaktive Übersicht der über 100 Feinschmeckerprodukte. Und schließlich kann er sich an den unterschiedlichen Geschmacksrichtungen orientieren.
Wer Flash nicht mag, der sollte hier am besten gar nicht erst klicken. Mir selbst sind die meisten Schriften zu klein. Aber dafür ist der Spaßfaktor umso größer. Und da ich nicht weit von einem REWE-Markt wohne und oft dort einkaufe, freue ich mich schon auf den nächsten Einkauf. Um mir mal in realiter anzuschauen, was meine Kollegen als Flashwelt zusammengeschraubt haben.
Amir Kassaei und die Arroganz der Agenturen
Amir Kassaei scheint in der Form seines Lebens zu sein. Oder auch nur auf Krawall gebürstet. Neben seiner Dauerfehde mit dem ADC treibt ihn ein echtes Anliegen: die digitale Revolution im Marketing. Auf der dmexco prangerte er die Arroganz der Agenturen an:
Die digitale Markenführung kann nur vom Mensch draußen auf der Straße gemacht werden. Der Konsument selbst ist das größte Tribunal überhaupt. Wer das nicht einsieht, ist verlogen, kapiert nicht, was in der Welt passiert oder hat den Schuss nicht gehört.
Der Werbeblogger geht noch einen Schritt weiter und demontiert gleich den ganzen Begriff:
Meine These: Digitale Markenführung ist ein Widerspruch in sich. Entweder die Marke wird über alle Wege und Berührungspunkte mit den Menschen (klassisch und online) geführt, oder es ist gar keine Markenführung. Eine Abgrenzung ist nicht möglich.
Die Frage ist: Wer führt? Die Unternehmen, die Agenturen – oder der Konsument?
Foto: Horizont
Mercedes gibt jedes zweite Marketing-Pfund digital aus
Die Nachricht des Tages kommt weder aus Köln noch aus Amsterdam: Mercedes gibt die Hälfte seines Marketingbudgets in Großbritannien jetzt digital aus. Das ist ein Meilenstein auf dem Weg der digitalen Revolution. Und offensichtlich wird diese Revolution aus Deutschland gesteuert, präzise: aus Baden-Württemberg.
„We don’t have normal marketers just doing online ads, or just putting our TV ads online,“ he said. „We have a whole department, for example, at our headquarters in Germany just doing digital marketing.“