Warum Facebook zweimal im Jahr sein Design ändert


Facebook wird in Kürze seine Startseite umgestalten. Das Ziel: „simplifying the user experience on the home page“. Die Details des jüngsten Redesigns hat mashable.
Schon wieder? Die letzte Neugestaltung liegt noch nicht lange zurück. Erst im März hatte Facebook seine Startseite erneuert. Warum legt das inzwischen größte Social Network der Welt ein derart hohes Innovationstempo vor? Insbesondere, da jedes Redesign zu einem Aufschrei der Empörung bei seinen Nutzern führt?
Die Antwort gab Chief Operating Officer Sheryl Sandberg in der vergangenen Woche in Palo Alto:

„If Mark were here, I know that he’d say, ‚The risk is that we don’t do enough,'“ said Sandberg. She acknowledged that users protested, for example, the New Feed and the home page redesign, but said that in both cases, user engagement — and number of users overall — rose. „We’ll know when we’re not doing the right thing when users don’t continue to grow and when engagement doesn’t grow.“

Die Zahl der Nutzer und ihre Aktivität auf Facebook sind der Maßstab, an der Erfolg oder Misserfolg gemessen werden, nicht die öffentliche Aufregung. Und lieber mal zu viel verändern als zu wenig. Facebook schaut sich an, was die Nutzer tun – weniger, was sie sagen. Und ist bereit, die Erkenntnisse daraus sehr schnell in Innovation umzusetzen.
Man vergleiche das mit dem Innovationstempo bei StudiVZ (SchülerVZ, meinVZ). Deren Design basiert immer noch auf dem Facebook von 2006. Traurig, aber wahr.

iSnack 2.0 oder Was Crowdsourcing so bewegen kann

vegemite_iSnack_20.jpgDas hatte sich der Konsumgüterriese Kraft Foods fein ausgedacht. Zur Markteinführung einer neuen Variante des australischen Nationalbrotaufstrichs Vegemite sollten die Konsumenten über den Namen entscheiden. So wie bereits 1923 beim Original. Doch als die Stimmen ausgezählt waren, hieß das zuvor monatelang namenlos in den Supermärkten vertriebene neue Produkt iSnack 2.0 – so wie in iPod und Web 2.0.
Doch was in good old Europe bestenfalls ein Schmunzeln entlockt hätte, führte Down Under zu einer mittelschweren Revolte. Zwar mögen die Konsumenten das Produkt, doch hassen sie geradezu den völlig unpassenden Namen. Dazu muss man wissen, dass ein Markenprodukt wie Nutella im Vergleich zu Vegemite („proudly made in Australia“) und Marmite ein Nichts ist. Ein Name wie iSnack 2.0 ist geradezu ein Anschlag auf die australische Seele.
isuck20ladiesthumb.jpgDeshalb dauerte es nur wenige Tage, bis Kraft Foods einlenkte, den gerade erst verkündeten Namen wieder kassierte – und die Konsumenten erneut um ihr Votum bat. Morgen soll nun der nächste, möglicherweise endgültige Name annonciert werden.
In der Zwischenzeit lohnt sich ein Blick auf die kreativen Unmutsäußerungen, zum Beispiel auf jenes T-Shirt (links), dass der Epic Fail Store feilbietet [via]. Oder das unvermeidliche Hitler-Video, das in einer von zwei Versionen auf YouTube bis jetzt 72.000 Aufrufe generierte, was noch verhältnismäßig wenig ist. Kraft wehrt sich übrigens nach Kräften gegen die Unterstellung, die ganze Affaire sei nicht mehr als ein genialer PR-Stunt gewesen.

Ist die Aktion nun ein Argument gegen Crowdsourcing? Wohl kaum. Mehr Aufmerksamkeit hätte ein Produktstart kaum bekommen können. Und Kraft hat sicher nicht falsch gehandelt, als sie den Namen binnen weniger Tage zurückzogen und eine neue öffentliche Namenssuche starteten. So kann’s gehen, wenn Konsumgüterhersteller auf den Konsumenten hören, der schließlich am Ende die Rechnung bezahlt. [via]

Social Network Jappy hat 1,5 Millionen aktive Nutzer

Jeder spricht von Facebook, doch kaum einer kennt Jappy. Dabei hat Jappy inzwischen die Marke von 1,5 Millionen aktiven Nutzern erreicht. Facebook hatte im September knapp 4,3 Millionen aktive Nutzer. Größer als Facebook sind nur noch die VZ-Netzwerke, mit wer-kennt-wen liefert sich Facebook bereits ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Bei den VZ-Netzwerken sind zwar 15 Millionen Nutzer registriert, de facto kommt aber laut Google Trends keines der drei VZ-Netzwerke auf mehr als 500.000 Daily Unique Visitors.
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Jappy liegt laut Google Trends etwa gleichauf mit den Lokalisten. Bei beiden allerdings zeigt der Trend seit etwa einem Jahr nach unten – ebenso wie bei den VZ-Netzwerken und bei wer-kennt-wen. Nur Facebook zeigt einen stabilen Aufwärtstrend.
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Jappy ist bereits seit mehr als acht Jahren aktiv und in den letzten Jahren jeweils um 100 Prozent gewachsen. Zu Beginn vor allem in Großstädten und Ballungsräumen verbreitet, ist Jappy inzwischen flächendeckend präsent. Die Nutzer sind enorm aktiv: Jeder kommt im Durchschnitt auf 160 Seitenabrufe pro Tag. Täglich werden 8 Millionen Nachrichten verschickt und mehr als 4 Millionen Gästebucheinträge verfasst. Zu Spitzenzeiten sind über 100.000 Nutzer gleichzeitig online.
Dass Jappy bisher außerhalb der eigenen Nutzerschaft kaum bekannt ist, liegt an der überaus breiten Zielgruppe und der sehr geringen Affinität zu Early Adoptern und anderen Multiplikatoren der Branche. Jappy hat keine aggressive Wachstumsstrategie verfolgt, sondern ist organisch gewachsen.

Die neue Mitte wählt FDP. Und nicht die Piraten

Auch wenn sie sich auf Twitter noch nicht zu äußern wagt. Elisabeth Noelle-Neumann formulierte in den 70er Jahren die Theorie der Schweigespirale. Danach hängt es in vielen Fällen von der wahrgenommenen Mehrheitsmeinung ab, ob sich Menschen öffentlich zu ihrer Meinung bekennen.
Auf Twitter war das Bild am Wahlabend klar: großes Entsetzen über die schwarz-gelbe Mehrheit, allgemeine Abscheu gegenüber der FDP. Dabei bin ich fast sicher, dass sich gerade auf Twitter überdurchschnittlich viele FDP-Wähler tummeln. Aber nur wenige von ihnen haben sich öffentlich geäußert, weil sie die Konfrontation mit der wahrgenommenen Mehrheit scheuten.
Es gibt ein neues liberales Milieu, das die Basis für den Wahlerfolg der FDP bildet. Und es ist gar nicht so weit entfernt von denen, die es Arbeit nennen. Gustav Seibt macht in der Süddeutschen Zeitung eine nicht unerhebliche neue Mitte aus.

Diese hätte früher selbstverständlich SPD oder Grüne gewählt. Heute aber ist sie vierteljährlich mit der Abrechnung der Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt beschäftigt. Viele kreative Berufe – Filmproduzenten, Webdesigner, Galeristen, etablierte Schauspieler – sind heute nicht mehr in Groß- und Staatsbetrieben wie Museen und Theatern beschäftigt. Stattdessen betreiben sie schnell entstehende wie vergehende kleine und mittlere Subunternehmen. Zwischen ihnen und dem Staat liegt keine Personalstelle mehr. Und so hat für sie das Wort „Transferleistung“ eine Anschaulichkeit, die da fehlt, wo man nur einmal im Monat achtlos einen Gehaltszettel abheftet.

Dass am unteren Rand dieses Kreativbürgertums die Zwangsverwaltung des Alltags durch die Arbeitsagenturen droht, macht die Einstellungen dieser Leute nicht sozialdemokratischer. Wer fast 20 Prozent Umsatzsteuer für jene öffentlich-rechtlichen Radiohonorare entrichtet, die von den öffentlich-rechtlichen Gebührenempfängern nicht vergütet werden, und wer einmal im Jahr die Bescheide der Künstlersozialkasse über die wahrscheinliche Rente ab 67 erhält, der schaut mit kühlem Blick auf die Rentnerheere bei den anderen Parteien.

Und so fort. Auch für die Piratenpartei, eigentlich eine Art FDP 2.0, hat Seibt eine passende Erklärung parat:

Übrigens mag es sein, dass die Piratenpartei bald den Prekariatsflügel dieses volatilen intellektuellen Unternehmertums darstellt. Und auch das hat nicht nur einen kulturellen Hintergrund, geht es doch um Zugangs- und Verwertungsrechte im Hauptarbeitsfeld dieser Schicht: dem Internet. Und um jene bürgerliche Freiheit sowieso, die den alten Staatsvolksparteien immer öfter weniger bedeutet als die Sicherheit. In diesem Milieu, das wachsen wird, will man sich weder von der Arbeitsagentur das Leben vorschreiben noch vom Staatsschutz durchleuchten lassen.

Dieser Freiheitswille, er hieß einmal Liberalismus.

Die Piratenpartei und mit ihr die lautstarke Mehrheit auf Twitter sitzen vorerst in ihrer Nische fest, als Minderheiten, die sie tatsächlich sind. Denn wie Christoph Salzig treffend bemerkt:

Die Selbst­wahr­neh­mung der Anhän­ger und eini­ger Pira­ten selbst und die erzielte Wir­kung ste­hen in einem dis­so­nan­ten Ver­hält­nis. Hierzu gibt es in der Marketing-, Werbe- und PR-Welt lei­der einige unüber­seh­bare Par­al­le­len. Nicht umsonst wer­den die zum Teile ebenso zag­haf­ten wie untaug­li­chen ers­ten Schritte ein­zel­ner Unter­neh­men, sich in Web 2.0 (allein, dass die­ses Wort aus dem Sprach­ge­brauch der so genann­ten Social Media Evan­ge­lis­ten bereits getilgt wurde, spricht Bände) zu ver­su­chen, mit einer Urge­walt gebrand­markt, dass man den Ein­druck gewin­nen kann, das Ende des Word Wide Web steht bevor.

Doch die Wahr­heit sieht anders aus. Wäh­rend bis­wei­len für meh­rere Tage (dar­auf beschrän­ken sich der­ar­tige Dis­kus­sio­nen zum Glück) in der Social Media Nische kaum noch andere The­men gehan­delt wer­den, nimmt die „große, weite Welt“ da drau­ßen, kaum Notiz. Nicht allein Vodafone-Sprecher Kuzey Alex­an­der Ese­ner kon­sta­tierte, dass der vom „Mikro­kos­mos“ aus­ge­löste Social Media „Tsu­nami“ sich in den Filia­len über­haupt nicht aus­ge­wirkt hat. Ein wenig mehr Boden­stän­dig­keit stünde vie­len Prot­ago­nis­ten gut zu Gesicht. Das würde das Ver­ständ­nis für die eige­nen Ansich­ten und drin­gend not­wen­dige Rich­tungs­wech­sel in Gesell­schaft, Wirt­schaft und Poli­tik sub­stan­zi­ell fördern.

Du kommst hier net rein! MedienMittwoch im Rückblick

hibbeler_150px.jpgZu Beginn sei festgehalten: Der m2 MedienMittwoch ist eine gelungene Veranstaltung, die sich zu besuchen lohnt. Die Location war mit dem Sachsenhäuser Depot 1899 exzellent gewählt, die Besucherzahl war rekordverdächtig und die rege Beteiligung derjenigen innerhalb und außerhalb des Saales, die Ihre spontanen Anmerkungen über die eingerichtete Twitter-Wall öffentlich machten, war beachtlich.
Der Titel der Veranstaltung, der große Erwartungen bei dem ein oder anderen schürte, endlich die goldenen Regeln für einen Erfolg mit und vor allem durch die Social Networks zu erhalten, tat sicher sein übriges für den guten Besuch an diesem Abend. Diejenigen, die rein mit einer solchen Erwartungshaltung die Veranstaltung besuchten, wurden allerdings ein wenig enttäuscht.
Zu sehr stand an diesem Abend Vodafone mit seiner jüngsten missglückten Kampagne im Fokus der Diskussion und Kritik. Sicher ist Vodafone ein gutes Beispiel, an dem man Fehler aufzeigen kann. Es reicht halt nicht, einen prominenten Blogger wie Sascha Lobo als Testimonial zu engagieren, darüber die „Generation Upload“ zu definieren und zu glauben, das hat Erfolg.
Hier fehlte zunächst mal der Blick auf das Produkt. Um im Social Marketing erfolgreich zu sein, brauche ich als allererstes ein gutes Produkt. Das hatte Vodafone nicht. Genauso unglücklich ist der Begriff „Generation Upload“. Der geht vorbei an ihrer Zielgruppe, falls sich dadurch überhaupt eine Zielgruppe angesprochen fühlt. Dennoch zeigte auch die Diskussion auf dem Podium, wo mit Olaf Kolbrück (Redakteur & Blogger, Horizont), Kai Hattendorf (Bereichsleiter Unternehmenskommunikation, Messe Frankfurt), Kuzey Alexander Esener (Leiter Wirtschafts- und Unternehmenspresse, Vodafone), Ralf Schengber (Community-Experte) und Holger Schmidt (Wirtschaftsredakteur, FAZ) ausgewiesene Experten Platz nahmen, dass selbst hier durchaus unterschiedliche Meinungen beispielsweise in puncto Reaktionszeit von Unternehmen auf (negative) Stimmungen innerhalb der Communities vorherrschen.
Dieses Thema hätte man an dem Abend kürzer fassen können und sollen. So war das Ende dieser Diskussion eher durch Drängen aus dem Publikum und von der Twitter-Wall geschuldet, zum einen aus Mitleid für Kuzey Alexander Esener von Vodafone, und zum anderen fehlten ja noch die goldenen Regeln. Speziell für letztere interessierte sich vor allem der ein oder andere Kleinunternehmer, der wissen wollte, wie er denn mit wenigem Aufwand Social Marketing für sich gewinnbringend nutzen kann.
Dies konnte schließlich nicht zur vollsten Zufriedenheit vom Podium beantwortet werden. Zu allgemein waren insgesamt die Aussagen. „Informieren, nicht verkaufen“, „für relevante Inhalte Sorge tragen“, „Kritik auch aushalten können“ und vor allem „locker bleiben“ waren die nicht ganz unbekannten Aussagen für den erfolgreichen Umgang mit Online-Communities.
Sehr erfrischend waren während des gesamten Abends die Beiträge zu der Veranstaltung auf der Twitter-Wall, die man permanent live aus dem Publikum heraus verfolgen konnte. So ergab sich ein interessantes Spiegelbild zwischen den Beiträgen auf der Twitter-Wall und der Stimmung beim Publikum im Saal.
Was diese Veranstaltung ebenfalls auszeichnet, ist die Gelegenheit in netter Atmosphäre viele Menschen zu treffen, die sich alle für das Thema interessieren. So genießt man im Anschluss an den Abend noch das eine oder andere Getränk und führt mit verschiedensten Personen spannende Gespräche. Ich habe dies jedenfalls so gehalten. Kann nur betonen, ein echter Mehrwert!
So war es dann auch alles in allem eine runde Veranstaltung, der man lediglich eine etwas kontroversere geführte Podiumsdiskussion neben dem Beispiel Vodafone gewünscht hätte.
Dirk Hibbeler leitet das Frankfurter Büro von SinnerSchrader.