Das lange Ende der Nachfragekurve

TailWired-Herausgeber Chris Anderson hat die Formel The Long Tail in einem Wired-Artikel vom Oktober 2004 geprägt. Eine wörtliche Übersetzung bietet sich nicht so recht an. 😉 Was Anderson meint, ist das lange Ende einer typischen Nachfragekurve, die von relativ wenigen sehr häufig verkauften Hits bis zu sehr vielen Produkten reicht, die sehr selten verkauft werden. In dem kleinen Schaubild links ist dieses Ende gelb eingezeichnet.

Andersons These ist, dass in vielen Märkten das lange Ende in der Summe heute größer ist als der durch Hits getriebene Marktanteil. So macht beispielsweise Amazon inzwischen mehr Umsatz mit Büchern, die niemals Hits waren, als mit Bestsellern. Das Internet hat den Konsumenten bequemen Zugang zu den großen Katalogen verschafft – die Selektionsfunktion des Handels entfällt.

Anderson schreibt nun ein Buch über das Thema und hofft vermutlich, dass sich sein Werk möglichst weit links auf der Nachfragekurve ansiedeln kann. Parallel dazu führt er ein Blog, um den Recherche- und Schreibprozess zu begleiten – und natürlich so früh wie möglich mit der Buchpromotion zu beginnen.

Lebt denn der deutsche Einzelhandel noch?

War wohl nix mit dem vergangenen Weihnachtsgeschäft, trotz wochenlanger Gesundbeterei in allen Kanälen. Das Statistische Bundesamt macht allen Blütenträumen den Garaus: Trotz eines Verkaufstages mehr als im Vorjahresmonat sank der Umsatz um nominal 2,3 und real 2,7 Prozent gegenüber Dezember 2003.

Damit wurde im Dezember 2004 nominal und real ein Umsatzergebnis erzielt, das in den letzten zehn Jahren noch nie so niedrig ausfiel (bezogen auf die jeweiligen Messzahlen).

Die Financial Times zitiert allerdings Analysten mit der Warnung vor einer Statistik, die sie nicht selbst gefälscht haben:

"Die Einzelhandelsumsätze verliefen viel schwächer als von uns erwartet. Diese Entwicklung steht nicht im Einklang mit den überaus positiven Meldungen, die man vom Einzelhandelsverband über den Verlauf des Weihnachtsgeschäfts bekommen hat", sagte Stefan Bielmeier von der Deutschen Bank. Bei der Interpretation der jüngsten Daten solle man allerdings vorsichtig sein, da die Einzelhandelsdaten oft deutlich revidiert würden.

Der Einzelhandelsverband schweigt dazu vornehm (jedenfalls im Web). In der FAZ versucht Verbandschef Hubertus Pellengahr, butterweich seinen noch im Dezember verbreiteten Zweckoptimismus zu rechtfertigen. Das Geschäft sei in der zweiten Monatshälfte eingebrochen.

Leider scheint niemand die eigentlich spannende Frage zu stellen, wie sich die Online-Umsätze dazu verhalten haben. Das Online-Weihnachtsgeschäft kommt, so scheint’s, in der Presse zu diesem Anlass nicht vor.