Was it ever alive?

„Wir sind in der Bereinigungsphase des Web 2.0“, diagnostiziert Tim O’Reilly im FAZ-Interview. Seine Keynote am Dienstag klang schon wie ein Abgesang: Web 2.0 is over. Die Frage ist nur: Was it ever alive?
Die deutsche Start-up-Szene, das ist hinreichend bekannt, besteht überwiegend aus Copycats, wird aber besser. Nur – warum sind deutsche Start-ups uncool? Das liegt an den Geldgebern, meint VentureBeat:

Mehrdad Piroozram is another angel making no bones about the strategy. He says he’s invested in just about every widget company in Germany. The theory is, if you bet a little money on every company in a sector, you’re bound to do well because at least one of them will be a hit. Isn’t he worried about Slide, RockYou or some other large, more advanced U.S. widget company entering the German market? No, there’s always a market for local players, because they’re able to snag local partnership deals for distribution. And as Rainer Maerkle, a partner at Holtzbrinck Ventures, puts it, the copycats reflect the inability of U.S. companies to adapt to local markets.

Als Pointe dazu nimmt StudiVZ-CEO Marcus Riecke seinen Hut, offenbar im Streit. Zehn Millionen Euro Umsatz (2008) sind nicht besonders viel.
Die Web 2.0 Expo kämpft mit der Unsicherheit auf den Märkten. Wie schon beim DLD im Januar (!) testen die Börsen auch heute neue Tiefstände (DAX 4.462,40 um 11.29 Uhr). Mahalo entlässt Mitarbeiter. Mahalo-CEO Jason Calacanis sieht kein Anzeichen für einen Boden:

There is no sign of a bottom right now–despite what the clowns on CNBC might say. The bottom is when Google and Apple miss a quarter and/or lay people off. The bottom is when unemployment numbers go down and consumer confidence comes up (not the other way around). The bottom is when the massive wave of variable, ARM mortgages come up in 2009.

Themen und Sprecher für die next09 gesucht!

Der Call for Participation für die next conference 2009 ist draußen. SinnerSchrader sucht Themen und Sprecher. Sagen Sie uns, warum Sie auf der next09 am 5. und 6. Mai in Hamburg sprechen sollten!

Sie haben eine innovative Geschäftsidee?

Der Elevator Pitch auf der next08 war ein großer Erfolg. Bewerben Sie sich um einen Platz und präsentieren Sie Ihre Idee in 180 Sekunden! Junge Unternehmer haben außerdem die Möglichkeit, im Start-up-Track zu sprechen. Ihr Vorschlag und Ihre Bewerbung sind willkommen.

Die Bedingungen

Es gibt keine! Außer dass wir Vorschläge und Bewerbungen ausschließlich auf Englisch über die Einreichungsformulare annnehmen. Bis 30. November kann jeder Vorschläge einreichen, danach nehmen wir Vorschläge nur von registrierten Teilnehmern entgegen. Der letzte Abgabetermin ist der 16. Januar 2009.
Learn how to propose your ideas.
Übrigens: Nur noch 100 Tickets sind für den einmaligen Freundschaftspreis von 390 € (zzgl. MwSt.) zu haben, also jetzt registrieren und weitersagen!

Web 2.0 Expo Europe bald in Berlin

webexberlin2008_attending_728x90.gifIn zwei Wochen trifft sich die europäische Webszene in Berlin zur Web 2.0 Expo. Die internationale Konferenz mit zahlreichen Tracks findet vom 21. bis 23. Oktober zum zweiten Mal statt, diesmal im Berliner Congress Center. Die Veranstalter O’Reilly und TechWeb setzen dieses Jahr den Fokus darauf, die europäischen Web-Enthusiasten unter dem Thema How will you use the power of Web 2.0? zusammenzubringen.
Und hier das obligatorische Extra für Fischmarkt-Leser: Der Rabattcode webeu08gr81 bietet einen 35-prozentigen Discount auf den Ticketpreis. Die Web 2.0 Expo bietet verschiedene Ticketoptionen an.

PICNIC 08 im Schnelldurchlauf

„Three inspiring days of ideas, fun and sensory stimulation in media, technology, entertainment, art and science“ versprach das Konferenzprogramm. Und die PICNIC hielt ihr Versprechen. War die Keynote von Charles Leadbeater am ersten Tag noch eher eine Enttäuschung, weil sie dem Auditorium wenig Neues brachte, so gehörte das Panel „The Emerging Real-Time Social Web“ zu den spannendsten Diskussionsrunden.

Linda Stone, the queen of all social networks, wants to challenge the idea of „friending“. This, she argues, is the most absurd behavior we engage in online. Confronting her panelists – Jyri Engeström, Matt Jones, Addy Feuerstein and Philip Rosedale – one by one, she asks if they’re her friend. The point – our real social interactions are far more granular and nuanced than online tools currently allow them to be. This is the problem most of her panelists are striving to solve, either by building new, better tools, or by challenging how we think about social media. [aufgezeichnet von Ethan Zuckerman]

Der Höhepunkt des ersten Tages war dann die Session des israelischen Dirigenten Itay Talgam.
Der zweite Tag begann mit der Keynote von Clay Shirky, gefolgt von einer weiteren Überraschung – dem furiosen Vortrag der bei Intel beschäftigten Anthropologin Genevieve Bell über Secrets and Lies.

Lies are everywhere, in everything, and they’re incredibly complicated. Lies are central to movies and advertising, and there’s a complicated construction of truth and lies in all the world’s religions. Catholicism distinguishes between sins of ommission and commission in lying. In Judaism, there’s the idea of a permissable lie – a lie that might end a war or save a life. In Islam, the Prophet allows that telling your wife that you love her to preserve your happy marriage is a permissable one. „For two thousand years, women have been asking, ‚Do I look good in these jeans?‘ and men have been lying in response, with religious permission.“

Weitere Erkenntnisse des zweiten Konferenztages: Das bereits 2007 in Cannes ausgezeichnete Nike+ ist inzwischen zu beeindruckender Größe gewachsen. Und Rafi Haladijan, der Erfinder des Internethasen Nabaztag, hat einen ganz einfachen Plan:

Step 1 – Connect rabbits to the internet
Step 2 – Connect everything else

Am letzten Tag schien die Spannungskurve der PICNIC etwas abzuflachen. Der Vortrag von Gisele Hiscock, Director Business Development EMEA von Google, brachte wenig neue Erkenntnisse. Und als Werner Vogels, CTO von Amazon, zum Abschluss der Konferenz über unternehmerische Kreativität referierte, musste ich bedauerlicherweise schon zum Flughafen.

Clay Shirky und die 4 1/2 Daueraufgaben für Social Media

Clay Shirky hat nach seiner gestrigen Konversation mit Charles Leadbeater seine Keynote weggeworfen und aus den Trümmern eine neue gebaut. Oder jedenfalls sagt er das. Nach der Rede von Genevieve Bell über Secrets and Lies müssen da Zweifel erlaubt sein.

Doch einem Weltklasseredner wie Shirky traue ich durchaus zu, dass er sich fix auf sein Auditorium einstellen kann. Auf der PICNIC präsentierte er heute viereinhalb Herausforderungen, die jeder kennen sollte, der sich mit Social Media befasst.

(1) Designprobleme sind soziale Probleme

In grauer Vorzeit des Web 1.0 mag es so gewesen sein, dass (zumindest gedanklich) die Community zuerst da war und dann begann, mit Hilfe von Software etwas zu teilen: Gedanken, Fotos, Videos – was auch immer. Heute ist es umgekehrt. Im Zeitalter des Web 2.0 kann jede URL ihre eigene Community werden.

Shirky illustriert diese These am Beispiel von flickr. Dort kann es passieren, dass aus der Diskussion um ein einziges Bild ein ganzes Tutorium über ein fotografisches Spezialgebiet wächst. Dort bilden Freunde der Schwarzweißfotografie eine Gruppe, die sich strenge Regeln gegeben hat: Jeder, der dort ein Foto publiziert, muss sofort die beiden Fotos davor kommentieren.

Nicht flickr ist die Community, sondern die Freunde der Schwarzweißfotografie auf Twitter. Und sie geben sich ihre Regeln selbst, kontrollieren die Einhaltung und entwickeln die Regeln weiter. Softwaredesign kann da wenig beitragen – außer nicht im Wege zu stehen. Was gar nicht so wenig ist.

(2) Weniger Features sind mehr

Social Software ist die einzige Softwarekategorie, in der spätere Produkte weniger Features haben als frühere. Mit einem simplen Tool wie Blogger wird heute mehr im Web publiziert als mit den hochgezüchteten Contentmanagementsystemen dieser Welt. Twitter hatte beim Start zwei Features, heute sind es sechs.

Bronze Beta ist eine von Fans der TV-Serie Buffy selbst getragene Website, die praktisch gar keine Features hat – aber dafür einen umfangreichen Satz an Regeln.

(3) Es gibt nicht den Nutzer

In Social Media gibt es eine Normalverteilung mit wenigen, sehr aktiven und vielen, wenig aktiven Nutzern. Die Grafik sieht aus wie der berühmte Long Tail. Und die beiden Nutzergruppen unterscheiden sich erheblich.

In der Wikipedia sind mittlerweile Schutzmechanismen eingebaut, mit denen sich die wenigen Aktiven gegen häufig wiederkehrenden Missbrauch der vielen Eintagsfliegen wehren können. Mehr und mehr Artikel können nicht mehr von jedem dahergelaufenen Vandalen bearbeitet werden. Es ist die gute, alte 80/20-Regel, die hier wieder einmal gilt.

Wie überhaupt in die Wikipedia mit der Realität, die sie abbilden soll, auch die Konflikte dieser Realität einwandern: Der Artikel über Pluto hat einen enormen Überarbeitungsschub erlebt, nachdem Pluto aus der Liste der Planeten gestrichen wurde. Und bei Galileo Galilei wurde ein bald 500-jähriger flame war ausgetragen, der mit der katholischen Kirche zu tun hat.

(3.5) Auch Designprobleme werden global

Der Künstler Aaron Koblin hat den Mechanical Turk von Amazon dafür verwendet, eine 100-Dollar-Note in zehntausend Elementen für jeweils einen Cent kopieren zu lassen. Das Internet macht es möglich, auf globaler Ebene zusammenzuarbeiten. Damit gibt es auch Designprobleme von nie gekannter Größe.

You could say that Aaron had 10,000 people working for him as in a way he did – he only payed them a penny – but they were working to collaborate with him and each other. If this were a real company then that would put him high up the list of employers with a large staff. The largest groups in the world that are working collaboratively are working like this.
What we are seeing now is spontaneous conditions of labour springing up. The Division of labour is spontaneous and there is a spontaneous division of motivation. No-one who runs a large company with a management structure cannot understand this. [aufgezeichnet von Lucy Hooberman]

(4) Veröffentlichen, um zu handeln

Die britische Bank HSBC holte sich eine blutige Nase, als sie Studenten erst zinsfreie Überziehungskredite anbot und dieses Angebot einige Zeit später zurückzog. Die Studenten fühlten sich betrogen und nutzten Facebook, um Druck zu machen. Die Bank musste einlenken.

Beispiele dieser Art gibt es zuhauf, aber immer dreht es sich darum, irgendetwas zu stoppen. Wie sieht es mit gemeinschaftlichem, kreativen Handeln aus, wenn es nicht darum geht, irgendetwas zu verhindern? Handeln ist der schwierigste Teil der globalen Zusammenarbeit. Das leuchtet jedem ein, der Getting Things Done gelesen oder schon einmal einen G8-Gipfel genauer angesehen hat.