Die kleine aber feine next banking conference war nicht nur wegen der Namensverwandtschaft zur next conference spannend. In einem charmanten Berliner Großraumbüro diskutierten die Teilnehmer über die Nutzung von Social-Media-Applikationen, wie z.B. Twitter, für klassische Banken und ungenutzte Chancen, die digitale Zukunft des Online-Bankings und Mobile-Payments und ob es denn trotz der Finanzkrise noch innovative Ideen gibt.
Nach kurzer Eröffnung durch die beiden Organisatoren Viktoria Troisen und Martin Ciesielski gab es Best-Practice-Beispiele aus der Bankenwelt. Als Vorbild galt auch hier die Wells Fargo Bank, jüngst durch Darius Miranda auf der next09 vertreten. Trendforscher Willi Schroll fragt, wozu es überhaupt noch Banken gibt. Das Wesen der Banken sei eigentlich Vertrauensmanagement, so Schroll, nur gilt es das jetzt auch im Netz zu betreiben. Schlagworte der Diskussionen blieben beständig Sicherheit und die Forderung nach Transparenz. Gepaart mit dem Wunsch nach Einfachheit scheinen das oft unüberwindbare Hürden für Banken darzustellen, erklärte Anette Rehm vom Geld-Magazin, ein Bewertungsportal für aktuelle Finanzprodukte.
Das klassische Bankhäuser sich nicht um 180 Grad drehen können, und nur pro forma einen Twitteraccount anlegen, ist klar. Nur sollte der Anschluss nicht verpasst werden, und die Zeit ist jetzt, wie die Geschäftsmodelle von smava oder Fidor beweisen. Hier stehen die Community und partizipative Prozesse an erster Stelle.
Wie sieht sie aber genau aus, die Zukunft? Wird sie bestimmt von eBucks oder eventuell einer ganz anderen Währung als Geld und das was zählt sind wir, unsere Kontakte, unser Input in Social Media? Wie die nächste Wunsch-Killer-Applikation in diesem Bereich aussehen soll, hat bereits das next-banking-Team zusammengefasst.
Zum Vormerken: barCamp Bank vom 23.-25. Oktober.
Kongresse
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Video: Itay Talgam und die Macht der Maestros
Die Schlusskeynote von Itay Talgam war für mich einer der Höhepunkte der next09. Stefan Schultz von Spiegel Online hat sich jetzt die Mühe gemacht, quasi ein erweitertes Transkript seiner Rede zu schreiben und auch noch mit einigen Videobeispielen zu ergänzen. Wem also der in englischer Sprache gehaltene Vortrag zu mühsam ist oder wer lieber liest, der ist mit dieser Version nicht schlecht bedient.
Reaktionen auf die next09 aus dem Web
In den letzten zwei Wochen habe ich versucht, möglichst alles zu lesen, was über die next09 im Web zu lesen war. Nun ist es Zeit für eine kleine Übersicht. Wer hier die englischsprachigen Wortmeldungen vermisst, dem sei ein Blick nach nebenan empfohlen.
Die besten mir bis jetzt untergekommenen Artikel hat Jay Martin im Werbeblogger verfasst. In den ersten beiden Teilen der Reihe befasst er sich mit den Keynotes von Jeff Jarvis und Umair Haque. Brilliant und absolute Pflichtlektüre! Ich freue mich schon auf sein Interview mit Andrew Keen und den Artikel über dessen fulminante Kritik an Jarvis und Haque.
Ebenfalls Plichtlektüre, wenn auch aus völlig anderen Gründen, sind die beiden Tagesprotokolle von Felix „wirres“ Schwenzel.
Ausführlich hat das t3n magazin, ein Medienpartner der next09, über die Konferenz berichtet, zum Beispiel über das Panel mit Jeff Jarvis und Umair Haque:
Es gibt Momente auf Veranstaltungen, die muss man selbst erleben – der Talk mit Jeff Jarvis und Umair Haque heute auf der Internetkonferenz next09 in Hamburg gehört auf jeden Fall dazu.
Timo Heuer und Andreas Lenz von t3n haben auf der next09 eine Reihe von Interviews geführt, u.a. mit Stowe Boyd. In seinem Fazit zitiert t3n-Autor Falk Hedemann verschiedene Stimmen, unter anderen die von Thomas Knüwer:
Derart könnte eine Konferenz der Internet-Branche in ein paar Jahren immer aussehen, wenn das furiose Wachstum vorbei ist, aus einer Szene eine Industrie geworden ist, die sich nicht mehr herumschlagen muss mit Vorurteilen, Halbwahrheiten und Familienministerinnenbehauptungen, ein Fünftel von ihr sei kinderschänderisch veranlagt. So bleibt am Ende nur noch eines: ein ausdrücklicher Glückwunsch an das Organisationsteam. An dem kann sich jeder Veranstalter von Kongressen und Seminaren ein Beispiel nehmen.
Hingegen nicht gelungen ist den Vortragenden, den bestinformierten Netzökonomen der FAZ mit neuen Erkenntnissen zu versehen. Sein Fazit:
Die besten Informationen gab es eindeutig auf den Fluren. Mein Erkenntnisgewinn aus den Vorträgen fand ich aber eher begrenzt.
Immerhin reichte die Inspiration für einen großen Artikel über Twitter. René Martens portraitierte Jeff Jarvis für die andere Zeitung aus Frankfurt. Ein Interview mit Jeff Jarvis erschien bei Spiegel Online.
Überhaupt Interviews. Sie wurden in diesem Jahr auf der next in nie gekannter Zahl und Qualität geführt. Viele davon finden sich auch auf der offiziellen Videoplattform.
Tobias Kaufmann hat Konferenzteilnehmer gefragt, was Share Economy ist. Und die Antworten per Video festgehalten. Sein Fazit: Die Agenturbranche entdeckt das Teilen.
Tanja Gabler hat für Internet World Business, ebenfalls Medienpartner der next09, umfangreich live berichtet. Radiojournalist Marcus Schuler reportierte für Deutschlandfunk [ab 11:15] und B5 aktuell [ab 5:43]. Noch mehr Audio gibt es bei Hamburger zum Mittag (Teil 1, Teil 2).
Das Ziel der next war von Anfang an, jedes Jahr besser zu werden. Glaubt man dem freien Journalisten und Blogger Dirk Kirchberg, so haben wir das erreicht:
Die next09 in Hamburg hat mich überrascht. Nachdem ich letzten Jahr auch schon dabei war, die Konferenz mir damals aber eher wie ein Web-Einführungsseminar für Werbeagenturen vorkam – und ich so genervt war, dass ich die 08er Ausgabe nicht einmal verreißen wollte -, hat mich die next in diesem Jahr überzeugt. Und das lag nicht nicht nur an Jeff Jarvis.
„So recht mag die next keiner mehr missen“, konstatiert Christian de Vries und fügt hinzu: „Da fehlt noch ein bisschen der Pfeffer.“ Wir werden uns weiterhin um Würze bemühen.
In jedem Jahr haben wir den großen Namen der Branche die Gelegenheit gegeben, sich auf offener Bühne so richtig zu blamieren. Und jedes Jahr gab es welche, die diese Gelegenheit genutzt haben. In diesem Jahr war es T-Mobile. Dirk Kunde schreibt:
Negativer Höhepunkt einer ansonsten großartigen Veranstaltung war für mich der Programmpunkt: „Mobile oder: Die wirtschaftlichen Konsequenzen, nicht mobil zu sein.“ Auf dem Podium saßen Raimund Schmolze, Vice President Business Development & Innovation der Telekom sowie Christian Magel, Gründer und Chief Marketing Officer von simyo. Dabei leistete sich der Vertreter der Telekom eine peinliche Produktshow – holte ein Gerät nach dem anderen aus seiner Tasche.
Shit happens.
Ein positives Zeugnis stellt Tobias Worzyk der next09 aus:
Hat es sich gelohnt? Ja! Ich habe eine unglaublich große Zahl an sehr interessanten Menschen kennengelernt, mit vielen Bekannten anregend debattiert und aus diesen Gesprächen dann doch auch noch so einige Learnings mit nach hause genommen. Location (Kampnagel) und Organisation waren vorbildlich. Toller Getränkeservice, leckeres Essen. Genügend Raum für Gespräche oder ein Chillout zwischendurch. Kurz: Ich freue mich schon auf die next10.
Reue hingegen bekundet edelight, das sich auf einem Klassentreffen wähnte und folgerichtig gleich an erster Stelle über das Essen klagt. Zur inhaltlichen Kritik:
Die großen, offenen Diskussionen (mit 4 oder mehr Teilnehmern) vom letzten Jahr fehlten komplett.
Die gab es auch im letzten Jahr schon nicht. In diesem Jahr saßen maximal drei Teilnehmer und ein Moderator auf den Panels. Unsere Erfahrung zeigt, dass größere Panels nur in den seltensten Fällen wirklich spannend werden. Meistens ist schon der Moderator überfordert von mehr als zwei bis drei Gesprächspartnern, die dann anfangen, um knappe Redezeit zu kämpfen, was der inhaltlichen Tiefe selten guttut.
Nils Maier war von der next09 begeistert. Alexander „Wortfeld“ Svensson hat einige Eindrücke zur Keynote von Jeff Jarvis und den Panels am Hauptkonferenztag festgehalten. Tapio Liller sinniert über die Suche nach Perfektion in einer Welt der „Beta“-Versionen.
Nils Jacobsen von Meedia erklärte Twitter zum heimlichen Star der Veranstaltung, führte ein Interview mit Sascha Lobo. Und attestierte Jeff Jarvis, als einer der wenigen Medien-Veteranen den Paradigmenwechsel in seiner ganzen Radikalität erkannt und auch kein Problem damit zu haben, diesen Zeitenwandel beim Namen zu nennen.
Alexander Becker zog eine der wichtigsten Erkenntnisse der next09 aus dem Vortrag von Klaus Madzia:
Die Web-Wirtschaft hat sich darauf eingestellt, dass demnächst mit einer harten Pleitewelle zu rechnen ist und das es für die Probleme der Medienhäuser, die im Netz Geld verdienen wollen, keine Lösung gibt. Madzias Fazit: „Meine Antwort: Ich habe keine“.
Ulrike Langer sprach ein Lob aus:
Es hat Spaß gemacht, war interessant, hochprofessionell organisiert und ganz überwiegend kreisten die Diskussionen nicht selbstreferentiell um die Social-Web-Blase.
Ähnlich positiv Mario Grobholz von myON-ID:
Die Next09 in Hamburg gilt insgeheim als DER Branchentreff. Aus meiner Sicht zu Recht. Zwei Tage trafen sich in Hamburg die Denker und Lenker, die Macher und die Kreativen, die Schreibenden und auch die Finanzierenden der Internetszene um sich auszutauschen, zu diskutieren, zu informieren oder sich einfach mal wieder zu sehen.
Mit Mario zusammen war Christian Hubel unterwegs, der ebenfalls begeistert war. Viel zu zahm und soft fand hingegen shopping 2.0 die Konferenz. Der Wunsch für nächstes Jahr:
Gebt den guten deutschen Online Leuten die große Plattform und „sperrt“ sie nicht in die kleinen verwinkelten Räume.
Gut gebrüllt. Allerdings waren die „kleinen verwinkelten Räume“ in diesem Jahr so groß wie im letzten Jahr der größte Raum. Insofern verträgt sich dieser Wunsch nicht so recht mit der Anregung, wieder in die „coole Speicherlocation“ vom vergangenen Jahr zurückzukehren. Die war nämlich um mehrere Größenordnungen kleiner als Kampnagel, und die dort errichtete Zeltlandschaft wäre bei Regenwetter wie in diesem Jahr wohl eher abgesoffen.
Was fehlt? Ergänzungen bitte per Trackback und in die Kommentare.
Share Economy: The Next Retooling
Share Economy war das Leitmotto der next09, die wir in der vergangenen Woche auf Kampnagel auszurichten die Ehre hatten. Ein schillerndes Motto, das auf der Konferenz eine ganze Reihe spannender Interpretationen fand.
Matthias Schrader interpretierte die Share Economy in seiner Keynote am 5. Mai als the next retooling, zu deutsch etwa die nächste Umrüstung. Seine These: „In der Share Economy lernen wir gerade, Tools zu teilen. Danach sehen die Dinge anders aus.“
Diese Shared Tools unterscheiden sich in zentralen Aspekten von den gewohnten mechanischen Tools wie der Laubsäge und intellektuellen Tools wie der Formel für die Uran-Kettenreaktion: Sie sind frei erhältlich (wie die besagte Formel), und gleichzeitig lassen sich mit ihnen neue Dinge bauen (wie mit der Laubsäge).
Die Folien zur Keynote gibt es auf SlideShare. Ihre Bewertung können Sie auf SpeakerRate abgeben.
Facebook? Jeff Jarvis wäre lieber Google
Armes Facebook. Da gingen Jeff Jarvis (li.) und Umair Haque gestern auf der next09 hart mit Facebook ins Gericht, und niemand war da, der sich wehren konnte. Javier Olivan, der bei Facebook die internationalen Geschäfte leitet, die Strategie entwickelt und die Internationalisierung von Facebook in Europa und weltweit verantwortet, hatte seine Teilnahme so kurzfristig abgesagt, dass sein Name noch im gedruckten Programmheft stand.
Es wäre sicher spannend zu hören gewesen, was er oder auch andere Facebook-Manager auf die Einschätzungen von Jeff und Umair entgegnet hätten. Zwar war der Mitarbeiter Nr. 1 von Facebook in Deutschland und Ex-StudiVZ-ler Andreas van de Castel (re.) auf der next09, seines Zeichens Country Manager Marketing Germany und für FAZ-Mann Holger Schmidt „die Überraschung des Tages“. Jedoch konnte er aus verständlichen Gründen (noch) nicht sprechen – zu frisch im Job.
Es gibt mehrere Arten, Kritik zu verpacken. Umair Haque, Direktor des Havas Media Lab, hat auf der Next09-Konferenz den verbalen Vorschlaghammer gewählt. „Wäre ich Facebook, würde ich mich vermutlich umbringen“, sagte er auf einer Podiumsdiskussion darüber, wie das Internet etablierte Geschäftsmodelle weiterentwickelt.
Kaum weniger schonend formulierte Jeff Jarvis seine Kritik. „Facebook? Ich wäre lieber Google“, sagte der Betreiber des Blogs Buzzmachine, der als einer der wichtigsten Medien-Vordenker gilt. Google lege zumindest noch eine gewisse Experimentierfreude mit neuen Produkten an den Tag. Facebook dagegen habe seine Chancen nicht genutzt, ein innovatives Geschäftsmodell zu etablieren – und fokussiere sich nun auf den falschen Weg. Mehr noch: Nachdem Facebook zunächst Google in eine „Identitätskrise gestürzt“ habe, leide nun Facebook durch Twitter selbst an eben einer solchen.
Laut Jarvis habe Twitter Facebook in einem zentralen Punkt überrundet: Twitter unterstütze konsequent sogenannte bottom-up-Kommunikation – und das, in Gegensatz zur E-Mail, in Form eines öffentlichen Forums. „Twitter schafft Kommunikationskanäle, über die Nutzer direkt auf Firmen einwirken können“, sagte Jarvis. Facebook dagegen unterstütze hauptsächlich top-down-Kommunikation, es schaffe zusätzliche Kommunikationskanäle für Firmen, die eigenen Botschaften zu platzieren.
Auch Haque kritisierte Facebooks Kommunikationsstruktur. „Die erfolgreichen Geschäftsmodelle der Zukunft werden diejenigen sein, die einen permanenten Rückkanal zum Nutzer etablieren“, sagte der Medienforscher. Nur Firmen, die ihre Strategie an einem permanenten Feedback ihrer Kunden orientieren, könnten letztlich ihre vollen Möglichkeiten ausschöpfen. Kommunikationskanäle wie Twitter seien in diesem Sinne besonders effektive Mess-Werkzeuge.
Spiegel Online: Web-Visionär Jarvis nennt Facebook rückständig
Fotos: nextconference, FAZ