Facebook deklassiert die anderen Social Networks

Was sich bereits Anfang des Jahres abzeichnete, bestätigen nun Zahlen aus der Markforschung von Nielsen: Facebook hat in Deutschland eine größere Reichweite als die Wettbewerber Wer-kennt-wen, StudiVZ (SchülerVZ, meinVZ) und MySpace.
Ein guter Frühindikator für die Reichweitenentwicklung ist Google Trends. So war im Januar bereits zu erkennen, dass Facebook im Jahr 2009 das einzige Social Network mit intaktem exponentiellen Aufwärtstrend sein würde:
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Einige Monate später ist das Bild sehr viel klarer. Der exponentielle Aufwärtstrend bei Facebook ist weiterhin intakt, die Wettbewerber tendieren seitwärts.
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In einigen Monaten dürfte sich dies auch in den Reichweitenmessungen niederschlagen. Spätestens Anfang 2010 wird Facebook Marktführer in Deutschland sein. Und das ohne einen einzigen Mitarbeiter zu haben. Chapeau!

Facebook? Jeff Jarvis wäre lieber Google

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Armes Facebook. Da gingen Jeff Jarvis (li.) und Umair Haque gestern auf der next09 hart mit Facebook ins Gericht, und niemand war da, der sich wehren konnte. Javier Olivan, der bei Facebook die internationalen Geschäfte leitet, die Strategie entwickelt und die Internationalisierung von Facebook in Europa und weltweit verantwortet, hatte seine Teilnahme so kurzfristig abgesagt, dass sein Name noch im gedruckten Programmheft stand.

andreas_van_de_castel.jpgEs wäre sicher spannend zu hören gewesen, was er oder auch andere Facebook-Manager auf die Einschätzungen von Jeff und Umair entgegnet hätten. Zwar war der Mitarbeiter Nr. 1 von Facebook in Deutschland und Ex-StudiVZ-ler Andreas van de Castel (re.) auf der next09, seines Zeichens Country Manager Marketing Germany und für FAZ-Mann Holger Schmidt „die Überraschung des Tages“. Jedoch konnte er aus verständlichen Gründen (noch) nicht sprechen – zu frisch im Job.

Es gibt mehrere Arten, Kritik zu verpacken. Umair Haque, Direktor des Havas Media Lab, hat auf der Next09-Konferenz den verbalen Vorschlaghammer gewählt. „Wäre ich Facebook, würde ich mich vermutlich umbringen“, sagte er auf einer Podiumsdiskussion darüber, wie das Internet etablierte Geschäftsmodelle weiterentwickelt.

Kaum weniger schonend formulierte Jeff Jarvis seine Kritik. „Facebook? Ich wäre lieber Google“, sagte der Betreiber des Blogs Buzzmachine, der als einer der wichtigsten Medien-Vordenker gilt. Google lege zumindest noch eine gewisse Experimentierfreude mit neuen Produkten an den Tag. Facebook dagegen habe seine Chancen nicht genutzt, ein innovatives Geschäftsmodell zu etablieren – und fokussiere sich nun auf den falschen Weg. Mehr noch: Nachdem Facebook zunächst Google in eine „Identitätskrise gestürzt“ habe, leide nun Facebook durch Twitter selbst an eben einer solchen.

Laut Jarvis habe Twitter Facebook in einem zentralen Punkt überrundet: Twitter unterstütze konsequent sogenannte bottom-up-Kommunikation – und das, in Gegensatz zur E-Mail, in Form eines öffentlichen Forums. „Twitter schafft Kommunikationskanäle, über die Nutzer direkt auf Firmen einwirken können“, sagte Jarvis. Facebook dagegen unterstütze hauptsächlich top-down-Kommunikation, es schaffe zusätzliche Kommunikationskanäle für Firmen, die eigenen Botschaften zu platzieren.

Auch Haque kritisierte Facebooks Kommunikationsstruktur. „Die erfolgreichen Geschäftsmodelle der Zukunft werden diejenigen sein, die einen permanenten Rückkanal zum Nutzer etablieren“, sagte der Medienforscher. Nur Firmen, die ihre Strategie an einem permanenten Feedback ihrer Kunden orientieren, könnten letztlich ihre vollen Möglichkeiten ausschöpfen. Kommunikationskanäle wie Twitter seien in diesem Sinne besonders effektive Mess-Werkzeuge.

Spiegel Online: Web-Visionär Jarvis nennt Facebook rückständig

Fotos: nextconference, FAZ

Verstehen Sie Facebook und Twitter?

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Falls nicht, dann habe ich einen Tipp: „If you don’t ‚get‘ Facebook and Twitter, read this NY Times article„. Im Gegensatz zu deutschen Leitmedien wie Spiegel Online und Süddeutsche hat sich NYT-Autor Clive Thompson intensiv mit dem Thema befasst, es selbst ausprobiert und jemanden gefragt, der sich mit so etwas auskennt.
Das Ergebnis ist eine gut lesbare Mischung aus Hintergrund und Anekdoten. Facebook-Newsfeed und Twitterstream schaffen eine neue Form digitaler Nähe – Leisa Reichelt hat dafür den Begriff ambient intimacy geprägt, bei Clive Thompson heißt das ambient awareness und trägt ein Paradox in sich:

Each little update — each individual bit of social information — is insignificant on its own, even supremely mundane. But taken together, over time, the little snippets coalesce into a surprisingly sophisticated portrait of your friends‘ and family members‘ lives, like thousands of dots making a pointillist painting. This was never before possible, because in the real world, no friend would bother to call you up and detail the sandwiches she was eating.

Social Media ermöglichen digital vermittelte Beziehungen zu sehr viel mehr Menschen als in der analogen Welt. Doch mit steigender Anzahl unterscheiden sie sich in ihrer Intensität von herkömmlichen Beziehungen – es sind schwache Bindungen, weak ties. Dieser Begriff lief mir erstmals in den neunziger Jahren über den Weg. Er ist aber weiter älter. Thompson:

Sociologists have long found that „weak ties“ greatly expand your ability to solve problems. For example, if you’re looking for a job and ask your friends, they won’t be much help; they’re too similar to you, and thus probably won’t have any leads that you don’t already have yourself. Remote acquaintances will be much more useful, because they’re farther afield, yet still socially intimate enough to want to help you out. Many avid Twitter users — the ones who fire off witty posts hourly and wind up with thousands of intrigued followers — explicitly milk this dynamic for all it’s worth, using their large online followings as a way to quickly answer almost any question.

Lesen!
Mein Twitter ist übrigens hier. Bei Facebook finden Sie mich dort.
Illustration: Peter Cho, New York Times

Warum Friendfeed den Markt verändert

Ob Friendfeed das nächste große Ding ist oder nicht, ist zwar eine spannende Frage. Wir in Deutschland müssen uns aber vorerst nicht damit beschäftigen.
Denn erfahrungsgemäß benötigen solche bahnbrechenden Technologien ein Jahr für den Weg über den großen Teich. So brauchte Twitter – gestartet 2006, groß herausgekommen 2007 auf der SXSW und der next07 – bis zur re:publica08, um die hiesige Webszene zu durchdringen.
Und auch Friendfeed – gestartet 2007, groß herausgekommen auf der SXSW in diesem Jahr – wird bis zur re:publica09 brauchen, um im deutschen Sprachraum Fuß zu fassen. Das ist nicht weiter schlimm, sondern entspricht deutschen Tugenden wie Gründlichkeit, Fleiß und Disziplin. Nur nichts überstürzen, erst einmal prüfen, gründlich überlegen und sorgfältig planen.
Schauen wir uns in der Zwischenzeit einmal an, wie Friendfeed meine Webmediennutzung verändert hat.
Am 19. April 2008 hat Friendfeed den Google Reader als Startseite auf meinem E61i verdrängt. Twitter hatte das übrigens nicht geschafft. Und das, obwohl Twitter eine sehr brauchbare und von mir intensiv genutzte mobile Version hat und Friendfeed keine, von fftogo.com einmal abgesehen.
Warum Friendfeed? Friendfeed liefert Neues, Interessantes und Spannendes – die Micromemes des Tages – von meinen Netzbekannten. Nicht nur, was sie bloggen oder twittern. Sondern auch, was sie bei del.icio.us speichern und im Google Reader interessant finden. Nebenbei erfahre ich noch, welche Musik sie bei last.fm mögen oder was sie auf den Amazon-Wunschzettel setzen.
Facebook hat das Konzept Newsfeed popularisiert, aber Friendfeed dreht das Rad ein gutes Stück weiter. Bis jetzt sind aggregiert Friendfeed 35 Dienste – weit mehr als Facebook. Und Friendfeed hat Kommentare zu jedem Link. Hört sich trivial an, fügt aber eine neue Interaktionsebene hinzu.
Denn erstaunlicherweise wird bei Friendfeed eifriger kommentiert als an der Quelle selbst. Es ist eine höchst kommunikative Umgebung. Dazu trägt ein simpler Trick bei: Jeder neue Kommentar bringt einen Link inklusive des Diskussionsfadens (Thread) wieder auf die Startseite zurück. Erfreuliche Nebenwirkung: Die heißen Geschichten stehen immer vorn.
Für mich ist deshalb jetzt Friendfeed Pflicht. Twitter und Google Reader streiten sich um den zweiten Rang in meiner Mediennutzung. Die Nase vorn hat bis dato Google Reader, weil dort alle Informationsströme zusammenlaufen. Denn selbstverständlich hat Friendfeed einen RSS-Feed. Und ebenso selbstverständlich habe ich den im Google Reader abonniert.
Facebook übrigens hat in letzter Zeit deutlich nachgelassen. Friendfeed hat zwar eine Facebook-Anwendung, aber Facebook wird bis jetzt nicht von Friendfeed aggregiert. Besteht da ein Zusammenhang?
Hier mein Profil bei Friendfeed.

Termine rund um die next08

Rund um den Nukleus next08 am 15. Mai haben sich in letzten Tagen und Wochen einige weitere Veranstaltungen angesiedelt. Hier eine kleine Übersicht:

  • 14. Mai, 9.30 Uhr: Facebook Developer Garage Hamburg. Zum ersten Mal in Deutschland! Veranstaltungsort: Handelskammer Hamburg. Mehr Informationen in der Facebook-Gruppe und im Wiki.
  • 14. Mai, 14 Uhr: Venture Lounge. Veranstaltungsort: Körber-Stiftung, Kehrwieder 12. Es gibt ein Kombiticket für die Venture Lounge und die next08 mit Preisnachlass! Hier buchen.
  • 14. Mai, 14 Uhr: Exciting Commerce Roundtable Hamburg („Mode, Fashion & Style“). Veranstaltungsort: smatch.com. Hier registrieren.
  • 14. Mai, abends 19 Uhr: Bloggertreffen in Hamburg. Mehr dazu demnächst bei Klaus Eck.
  • 15. Mai, 9 Uhr: next08. Veranstaltungsort: Museum Prototyp, Hafencity. Das vorläufige Programm ist jetzt online. Hier registrieren. Bis 30. April noch für 590 Euro (zzgl. MwSt.), danach 790 Euro. Inklusive Party (siehe den nächsten Punkt).
  • 15. Mai, 20 Uhr: next08 meets onlineKapitäne – powered by MySpace. Veranstaltungsort: Museum Prototyp, Hafencity. Für Mitglieder von Hamburg@work kostenlos (hier anmelden), sonst 75 Euro (hier registrieren).
  • 16. Mai: Going Solo. Veranstaltungsort: Lausanne, Schweiz. Hier registrieren.
  • 17./18. Mai: StartupWeekend Hamburg. Veranstaltungsort: East Hotel. Mehr Informationen bei mixxt. Hier registrieren.

Was habe ich vergessen? Hinweise bitte in die Kommentare.