Travel schlägt Handel

2004commerce_1Dominique Vidal (COO Yahoo! Europe) stieß mich auf dem DMMK mit seiner Keynote auf eine Studie, die ich bisher übersehen hatte. Die EIAA Media Consumption Study 2004 (PDF) liefert auf 19 von 20 Slides ziemlich exakt das, was ich erwarte, wenn ich Gattungsmarketing für mein Thema mithilfe der Marktforschung betreiben möchte. Umso interessanter daher das vorletzte Slide, in denen die Auftraggeber keine Stakes halten: Das Search, Browse & Buy-Verhalten in verschiedenen Kategorien. Die Touristik hat nun nicht nur nach Umsatz (Vorteil: Warenkorbhöhe), sondern auch in der Nutzungsintensität den Handel im Web überholt.

Graumarkt

JoopOffensichtlich ist es im Internet einfacher, gefälschte Markenprodukte zu kaufen als echte. Oder gibt es irgendwo im Netz die Kollektionen, Parfums und Accessoires von Joop! in einer Auswahl, die auch nur annähernd mit Ebay konkurrieren kann?

Dort standen heute morgen 4022 Artikel zum Kauf bereit. Zum Vergleich: Galeria Kaufhof hat 21 Joop-Duftwässerchen im Angebot.
Conley’s liefert 23 Treffer aus dem Bereich Mode, und bei Peter Hahn – der immerhin das Google-Adword "Joop" gebucht hat – zeigt der Klick auf die Google-Anzeige gerade einmal fünf Joop-Produkte.

Wo gibt es das komplette Sortiment? Die Website ist, für die Modebranche typisch, design-lastig und informationsarm. Verkauft wird anderswo. Joop arbeitet mit Franchise-Nehmern, betreibt Flagship-Stores in Düsseldorf, Hamburg und Kampen auf Sylt und setzt ansonsten auf den Handel. Keine Spur von Direktvertrieb via Internet.

Ordnung schaffen

Als "das SZ-Phänomen" würdigt guillemets.de den Erfolg der Buch-, CD- und DVD-Reihen aus dem Hause der Süddeutschen Zeitung.

Die Unübersichtlichkeit des Buchmarktes (speziell auch des
Lexikon-Marktes) und das Fehlen von aussage- und medienkräftigen
Markennamen haben bei vielen Buchkunden zu einer Art Frust geführt,
weil sie von der Vielzahl der Bücher und deren Verlage so überfordert
sind. Selbst die Buchhändler können die einfachsten Fragen wie »Ich
wollte noch dieses süsse kleine gelbe Büchlein haben, den Sie letzte
Woche zum Sonderpreis verkauft haben? Haben Sie es noch?«
nicht beantworten.

Diesem Frust wirkt auch die SZ-Mediathek entgegen, in der nicht nur die hauseigene Biblio-, Cinema- und Diskothek zu haben ist, sondern das gesamte lieferbare Mediensortiment. Und zwar strukturiert durch die Brille der SZ-Redaktion: Dort rezensierte Bücher erscheinen als relevante Suchtreffer ganz oben, die Rezensionen sind im Volltext nachlesbar (und als RSS-Feed erhältlich).

Kannibalisierung

Es war eine jener Diskussionen, die Ende der 90er für Aufruhr sorgten. Kannibalisiert der Direktvertrieb via Internet die klassischen Vertriebskanäle? Wie lassen sich Kanalkonflikte kanalisieren vermeiden? Was angesichts von zaghaften Anfängen und geringen Online-Umsätzen noch eine eher akademische Debatte war, hat heute handfeste Ausmaße angenommen.

Jüngstes Beispiel: Die Allianz-Vertreter machen Dampf, weil der Versicherer  attraktive Direkttarife im Internet und günstige Zweittarife (mit geringeren Provisionen) anbieten will. Nun fordert (laut FTD) die Interessengemeinschaft der Vertreter vom Allianz-Management,

"den Direktvertrieb zu verhindern und die Produkt- und Provisionsveränderungen einvernehmlich zu regeln".

Klar, hier lauert ein struktureller Konflikt, denn warum sollten Kunden teure Tarife inklusive Vertreterbesuch zahlen, wenn sie die Leistungen der Allianz auch direkt und noch dazu günstiger bekommen können? Das Drohpotential der Vertreter ist jedoch arg begrenzt. Zwar können sie sich

"auf den Verkauf von provisionsstarken Versicherungsprodukten, wozu
keineswegs die Dresdner-Bank-Produkte wie Konten und Kreditkarten
gehören",

zurückziehen – aber macht das einem Vertriebschef wirklich Angst? War es etwa bislang nicht so, dass sich Vertreter vor allem auf ihre Provision konzentrierten? Lässt sich dieses Thema nicht im Zweifel durch höhere Provisionen lösen? Solange die dadurch verteuerten Produkte noch an den Mann zu bringen sind… Ich denke nicht, dass Versicherer hier viel zu verlieren haben – im Unterschied zu ihren Vertretern.