Als ich gestern auf der Heimfahrt MacBreak Weekly lauschte, da fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren von den Augen: Nicht die Apps sind der Killerfaktor für Apple TV, sondern die (i)Ads. Oder vielleicht auch beides. Auf jeden Fall sind Apps nichts ohne Ads.
Exponat 1: MacBreak Weekly 209
Das heiß erwartete neue Apple TV (oder auch iTV) ist ein Pflock, den Apple ins TV-Geschäft einschlagen wird. Dieses Geschäft ruht auf zwei Säulen: Fernsehwerbung und Direktzahlungen der Konsumenten in Form von Bezahlfernsehen, Kabelfernsehen und Rundfunkgebühren. Apple baut beide Elemente nach: iAd für die Werbung, iTunes und App Store für die Direktzahlungen. Und behält jeweils einen Teil der Umsätze für sich.
Allein die TV-Kabelindustrie in den USA hat im vergangenen Jahr 89,9 Mrd. US-Dollar Umsatz erwirtschaftet, davon 53 Mrd. für klassisches Kabelfernsehen. Der US-Markt für Fernsehwerbung wird in diesem Jahr auf 35,4 Mrd. geschätzt. Apple selbst kam im vergangenen Jahr auf 42,9 Mrd. Umsatz, allerdings weltweit.
Mit iAd, iTunes und App Store auf iTV fängt Apple an, an diesem großen Kuchen zu knabbern. Wie seinerzeit bei der Schlacht mit der Musikindustrie wird entscheidend sein, ob es gelingt, die Produzenten attraktiver Inhalte auf die Apple-Plattform zu ziehen – oder vielmehr, wann. Denn mit iPod, iPhone, iPad und iTunes (auf Mac/PC) hat Apple heute bereits eine sehr große Plattform, auf der heute schon mehr und mehr TV-Inhalte verfügbar sind – gute Startvoraussetzungen für das neue Apple TV.
Als erste Branche wird wohl die TV-Kabelindustrie die neue Konkurrenz zu spüren bekommen. Je mehr attraktive TV-Inhalte im Apple-Ökosystem verfügbar sind, desto geringer der Bedarf für Kabelfernsehen. Die Netzbetreiber werden zu dumb pipes, reinen Durchleitern für das Internet – weder Apple noch Inhalteproduzenten oder TV-Sender müssten an sie zahlen. Und auch die TV-Sender sind nicht vor Apple sicher: Wer attraktive Filme oder Serien produziert, kann sie über Apple auch direkt vermarkten.
Dass Apple mit iAd den TV-Markt schon fest im Blick hat, darauf deutet schon die Website hin:
Exponat 2: advertising.apple.com
Das Killerargument für den Werbemarkt sind übrigens, und hier liegt auch die Verbindung zum zweiten heißen Trend Big Data, die Daten. Apple kann mit iAd echte, harte Nutzungsdaten liefern – kein Vergleich mit den fehlerträchtigen Quotenmessungen von Nielsen oder GfK. iAd ist das trojanische Pferd (Jung von Matt, aufgepasst!), mit dem Apple den TV-Werbemarkt ähnlich aufrollen kann wie Google seinerzeit mit Adwords den Onlinewerbemarkt – der immer noch kleiner ist.
iAd komplettiert das Ökosystem von Apple aufs Feinste. Für den Fernsehmarkt ist die Apple-Werbeplattform das vorletzte Puzzleteil, das noch gefehlt hat. Fehlt nur noch iTV (oder wie auch immer das neue Apple TV heißen wird). Spannend bleibt, was Google und Google TV dem entgegenzusetzen haben. Untätig bleiben wird Google jedenfalls nicht.
App Economy
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Wie Apple und Google das Fernsehen revolutionieren wollen
Neben Big Data ist interessanterweise das gute, alte Fernsehen eines der momentan heißesten Themen. Nicht in seiner analogen Form freilich, und auch nicht als digitales Fernsehen 1.0, das nur die Distribution digitalisiert hat, aber die Geschäftsmodelle unberührt ließ. Das heutige digitale Fernsehen ist nicht innovativer als es seinerzeit die CD im Vergleich zur Schallplatte war. Das digitale Fernsehen 2.0 entsteht derzeit bei Apple und Google.
Beide arbeiten an unterschiedlichen Ansätzen, die sich aus der ebenso unterschiedlichen Unternehmens- und Produktphilosophie erklären lassen. Apple stellt iTunes in den Mittelpunkt und setzt auf Hardware wie iPod, iPhone, iPad oder (wenn es denn kommt) iTV. Der digitale Content läuft auf allen Endgeräten inklusive Mac/PC per iTunes-Software. iTV wäre der Nachfolger von Apple TV, das Steve Jobs zuletzt im Juni als Apples Hobby bezeichnete, mangels übermäßigen Erfolges.
Einiges spricht dafür, dass Apple in diesem Markt auch weiterhin eher vorsichtig agiert. Die Gerüchteküche erwartet derzeit den Launch von iTV für Anfang September, auch wenn sich der Hype gerade wieder etwas abkühlt. Apple hat für den 1. September zu einem Pressetermin eingeladen, bei dem allerdings, saisonal bedingt, die neue iPod-Kollektion für das Weihnachtsgeschäft im Mittelpunkt stehen dürfte.
Google hat für diesen Herbst sein lange erwartetes Google TV angekündigt. Es besteht aus einer zusätzlichen Kiste, die zwischen Fernseher und Settopbox/Receiver installiert wird. In einige neue TV-Geräte soll Google TV auch gleich eingebaut werden. Im Vergleich Apple verfolgt Google eher eine offene Strategie, wie auch schon bei Android vs. iPhone im Mobilfunkmarkt.
Weder Apple noch Google scheint es derzeit zu gelingen, die großen TV-Sender in den USA an Bord zu holen. Der TV-Markt dürfte für beide nicht im Sturm zu nehmen sein, aber mittelfristig spricht vieles dafür, dass Apple den Erfolg von iPod, iPhone und iPad ein weiteres Mal wiederholen kann.
Denn der Killerfaktor könnten die Apps sein. Ein Apple TV (oder iTV) mit dem von iPhone und iPad bekannten Betriebssystem iOS und Zugang zum App Store macht aus dem guten, alten Fernsehkasten die Entertainmentplattform schlechthin, inklusive Games – wenn es Apple denn gelingt, das Bedienungsproblem zu lösen.
Warum ich den BerryReader doch nicht gekauft habe
Ein nicht unerheblicher Teil meines Nachrichtenkonsums findet nach wie vor auf dem Blackberry statt. Früher, sagen wir vor einem Jahr, war Google Reader das bevorzugte Werkzeug, heute ist es Twitter. Vor allem, seitdem die hervorragende Twitter-App da ist.
Die mobile Version des Google Reader hat dagegen sogar Funktionalität eingebüßt. Früher konnte ich direkt aus dem mobilen Reader neue RSS-Feeds abonnieren, was ich auch reichlich getan habe. Das geht inzwischen nicht mehr. Gibt es vielleicht eine App für Google Reader, die ähnlich gut ist wie die Twitter-App?

Der kürzlich von Bellshare entwickelte BerryReader klang vielversprechend, hielt aber bei mir im Test nicht alles, was er versprach. Zwar ist die Oberfläche für Blackberry-Verhältnisse ganz gelungen, die Anwendung schnell und die Bedienung unkompliziert. Doch zwei Punkte haben mich nach Ablauf der siebentägigen Testphase daran gehindert, die 9,95 Dollar auszugeben:
- Anders als die Twitter-App öffnet BerryReader externe Links statt in Opera Mini im Blackberry-Browser. Und dieser Browser ist leider völlig unbrauchbar.
- Zudem kommt BerryReader offensichtlich nicht mit meinen 1526 Feeds zurecht. So erkläre ich mir jedenfalls, dass der Reader weder einzelne Feeds noch einzelne Ordner oder Tags anzeigen kann.
Und damit ist das Leseerlebnis doch deutlich eingeschränkt. Ganz anders die Twitter-App. Sie öffnet Links selbstverständlich in Opera Mini, das funktioniert zwar nicht perfekt, aber gut genug. Sie kommt mit den 1449 Twitterfeeds, die ich lese, problemlos zurecht und kann zudem auch Twitter-Listen.
Dieser Punkt im Duell Google vs. Twitter geht daher klar an Twitter.
Warum Twitter der bessere Nachrichtendienst ist
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dann hat ihn Flipboard in der vergangenen Woche geliefert: Der Nachrichtenkonsum verschiebt sich weg von den klassischen medialen Knotenpunkten hin zum persönlichen Netzwerk. Dabei bewahrheitet sich jener berühmte Satz eines unbekannten Studenten: If the news is that important, it will find me.
Flipboard ist eine iPad-App, die aus dem kontinuierlichen Strom von Neuigkeiten von Twitter und Facebook das Fleisch extrahiert: die Links. Auch zwanzig Jahre nach der Erfindung des Web sind die Hyperlinks seine heißeste Ware. Und mit dem Trend zur Echtzeit übernehmen die Links die Rolle des Nachrichtentickers. In den Echtzeitlinks steckt der Nachrichtenwert.
Flipboard bereitet die Artikel hinter den Links auf ansprechende, angenehm konsumierbare Weise auf – wie eine Zeitung oder ein Magazin. Es ist nicht die erste Anwendung, die so etwas versucht, und es wird auch nicht die letzte sein. Der Gedanke liegt einfach auf der Hand. Etwas Ähnliches leistet zum Beispiel Feedly, eine Erweitung für Firefox und Google Reader.
Als das Web anfing, sich zu beschleunigen, war RSS der Treiber. Die wirklich einfache Syndizierung (Really Simple Syndication) standardisierte den Nachrichtentransport und rationalisierte ihn. Nutzer konnten nun mit einem RSS-Reader (wie Google Reader) Dutzende oder gar Hunderte von Websites auf dem Radar behalten, ohne sie alle Naselang besuchen zu müssen. Statt dass der Nutzer zur Website ging, kam die Nachricht zum Nutzer.
RSS allerdings konnte sich niemals wirklich flächendeckend durchsetzen, weder bei den Nutzern noch auf Seiten der Medienhäuser. Unter den Nutzern sind es bis heute eher die Geeks, die sich mit RSS anfreunden können. Und während zwar Blogs standardmäßig einen RSS-Feed publizieren, tun sich klassische Medienhäuser nach wie vor schwer mit dem Kontrollverlust. Viele bieten nur verkrüppelte Feeds, schlimmstenfalls nur mit Überschriften und Links.
Doch für Überschriften und Links gibt es inzwischen ein anderes Medium, das RSS den Rang abgelaufen hat: Twitter. Der Kurznachrichtendienst scheint mit seinen 140 Zeichen wie geschaffen für Überschriften und Links. Klingt die Überschrift interessant, genügt ein Klick, um zur Quelle zu gelangen.
Flipboard dreht diese Logik einen Schritt weiter und holt zusätzlichen Inhalt wie Bilder und Textexzerpte direkt von der Zielwebsite. Damit sind wir im Prinzip wieder dort, wo wir vor RSS schon einmal waren. Und im Unterschied zu RSS kommen die Feeds nun nicht nur von Websites, sondern auch von Menschen, die Links zu ganz unterschiedlichen Websites publizieren.
Wem ich auf Twitter folge, entscheidet darüber, welche Nachrichten mich über Twitter erreichen. Auf Twitter ist die Beziehung zwischen Autor und Leser (Follower) asymmetrisch wie in anderen Medien auch. Leser entscheiden sich für Autoren, ohne dass Wechselseitigkeit gefordert wäre. Unter den reichweitenstärksten Twitter-Autoren folgen nur die wenigsten auch ihrerseits sehr vielen anderen Autoren.
Twitter ist deshalb gut dafür geeignet, Nachrichten zu verbreiten, und zwar in Form von Überschriften mit Links. Was die Nachrichtengeber auf Twitter publizieren, verbreiten andere Nutzer durch Mechanismen wie Retweets weiter. Auf diese Weise erreichen mich über Twitter auch Nachrichten, die ich sonst nicht gesehen hätte.
Die Nachrichtengebung auf Twitter ist somit höchst individuell, ohne sich allerdings vom großen, allgemeinen Nachrichtenstrom völlig abzukoppeln. Bedeutende Ereignisse finden, solange ich einer gewissen kritischen Masse an Nutzern folge, ihren Weg auf jeden Fall zu mir. Gleiches gilt im Grundsatz auch für Facebook. Zwar ist die Freundschaftsbeziehung dort immer symmetrisch, bedarf also der Zustimmung beider Seiten. Doch kennt Facebook inzwischen auch asymmetrische Beziehungen wie bei Twitter.
Flipboard ist nicht mehr als eine ansprechende Oberfläche für die individuellen Netzwerke von Twitter und Facebook. Doch es zeigt, wie die Bedeutung dieser Netzwerke für den individuellen Medienkonsum immer weiter wächst – und dass auch das iPad kein Heilsbringer für die Verlagswelt sein muss.
The App Economy Bubble
Am 7. Juni 2010 hat Steve Jobs nicht nur das iPhone 4 vorgestellt. Er hat auch annonciert, dass Apple inzwischen 1 Mrd. US-Dollar an App-Entwickler ausgezahlt hat – in den knapp zwei Jahren seit dem Launch des App Store im Juli 2008. Da Apple 30 Prozent vom Umsatz für sich reklamiert, war der gesamte Markt für bezahlte iPhone-Apps also 1,43 Mrd. US-Dollar schwer. In fast zwei Jahren!
Tomi Ahonen hat nachgerechnet, was das für den durchschnittlichen Entwickler bedeutet. Und die Ergebnisse sind wenig ermutigend: Im Durchschnitt hat ein Entwickler in diesen zwei Jahren 8.700 Dollar verdient, wovon Apple 2.600 Dollar abbekam. Bleiben 6.100 Dollar oder 3.050 Dollar pro Jahr. Im Durchschnitt.
Da einige wenige überaus erfolgreiche Apps den Durchschnitt nach oben treiben, liegt der Median deutlich geringer. Tomi berechnet ihn mit schlappen 1.363 Dollar in zwei Jahren oder 682 Dollar pro Jahr. Mit anderen Worten: Die Hälfte aller App-Entwickler haben in zwei Jahren weniger als 1.363 Dollar verdient. Schlechte Nachrichten für die App Economy.