Game Changer für die Automobilindustrie gesucht

Warum die deutsche Autoindustrie sterben wird, erklärt Günther H. Schust in seiner bitterbösen Polemik in der Welt. Die deutschen Autosteller haben, so sein Argument, zusammen mit ihren amerikanischen Kollegen die Senkung der Kohlendioxidemissionen mehr als 40 Jahre lang nicht nur ignoriert, sondern aktiv bekämpft.

Damit hat ausgerechnet die Automobilindustrie das Automobil der Zukunft komplett verdrängt. Umweltverträgliches Wachstum war und ist für die meisten Hersteller leider ein Fremdwort.

Nun fahre der Zug eben gegen und ohne die etablierten Hersteller, die Zukunft gehöre Hybrid- und Elektroantrieben. Shai Agassi, früher SAP-Vorstand und nun mit better place unterwegs, baut zusammen mit Renault-Nissan in Israel und Dänemark die Infrastruktur für einen flächendeckenden Elektrobatterieverleih auf – nicht mit den deutschen Automobilherstellern.
Doch hat sich mit Daimler immerhin einer von ihnen am Elektrosportwagenhersteller Tesla beteiligt. Und mit der Marke smart rollt Daimler gerade mal wieder Elektroautos aus. Ansonsten sind die Innovatoren in der Automobilindustrie eher konzernferne Spieler wie Local Motors oder Zipcar.
Und im Konstruktionssegment gibt es bereits zahlreiche Start-ups wie Transonic Combustion oder Fallbrook Technologies, die sich jeweils auf bestimmte Komponenten konzentrieren und diese von Grund auf verbessern. Innovation befreit sich von der Vorherrschaft der Autoherstellergiganten, die bislang die gesamte Wertschöpfungskette kontrollierten.

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Facebook und Das Ende der Privatsphäre

Als kleiner Nachtrag zu gestern sei jenen, die sich jetzt rituell über die neuen Datenschutzeinstellungen von Facebook aufregen, nur kurz ins Notizbuch geschrieben: Im sonst so datenschutzverrückten Deutschland gibt es ein sehr großes Social Network. Dort ist nach den Voreinstellungen jedes Profil innerhalb des gesamten Netzwerkes vollkommen offen sichtbar.
Als ich seinerzeit mein Profil dort nur für meine Freunde freigeschaltet hatte, bekam ich sogar mindestens einen Hinweis, ich möge doch mein Profil öffnen. Was ich dann aus verschiedenen Gründen auch tat. Facebook war in puncto Datenschutz, ähnlich wie auch Xing, von Anfang an sehr viel vorsichtiger und kleinteiliger.
Mit den neuen Optionen öffnet sich Facebook für jene, die eher eine Publikationsplattform denn ein semi-privates Netzwerk wünschen. Warum man sich so eine Plattform wünschen sollte? Weil es durch Öffentlichkeit mehr zu gewinnen als zu verlieren gibt.

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Das Ende der Privatsphäre

I have cancer, prostate cancer.

So lakonisch notierte Jeff Jarvis im August seine Krebsdiagnose. Und es blieb nicht bei diesem einfachen Faktum. Jeff schilderte die Krankheit, seine Behandlung und deren Folgen in allen Details, auch den intimsten. Für ihn war diese radikale Offenheit das Ergebnis einer einfachen Abwägung: Durch seine Offenheit und Öffentlichkeit hat er mehr zu gewinnen als zu verlieren.
Das umgekehrte Argument stammt von Google-Chef Eric Schmidt und weist in die gleiche Richtung:

If you have something that you don’t want anyone to know, maybe you shouldn’t be doing it in the first place.

Christian Stöcker hat aus diesem einfachen Satz eine umfangreiche Verschwörungstheorie gestrickt und diagnostiziert, Google wolle die Weltherrschaft. Das Wort Marktführerschaft war ihm wohl nicht stark genug.
Doch Wissen ist Macht. So ist die Frage, ob die Mission von Google – to organize the world’s information and make it universally accessible and useful – synonym für Weltherrschaft steht. Hat, wer die Informationen der ganzen Welt organisiert, allgemein zugänglich und nützlich macht, am Ende die Weltherrschaft? Markus Breuer zeigt ausführlich, was der Schmidt-Satz, weniger reißerisch interpretiert, auch bedeuten kann.
Tatsächlich hat das Internet am Ende seiner ersten vollen Dekade immense Auswirkungen auf das bürgerliche Konzept der Privatsphäre, das in Deutschland besonders stark ist. Wir selbst geben immer mehr persönliche, private Daten ins öffentliche Netz, weil wir uns davon, wie Jeff Jarvis, mehr Nutzen, Spaß oder Gewinn versprechen als wenn wir sie für uns behalten würden. Das ist durchaus vereinbar mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, wie es das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil von 1983 definiert hat. Die Älteren unter uns werden sich erinnern.
Und es ist durchaus nicht so, dass es keine abgestuften Freigaben und Sicherheitsstufen gäbe. Der Einzelne hat nicht nur die Wahl zwischen Schwarz und Weiß, zwischen öffentlichen oder privaten Daten, im Netz frei verfügbar oder gar nicht im Netz. Im Gegenteil hat er so viele Wahlmöglichkeiten, dass ihn womöglich schon deren Vielzahl überfordert wie Frank Schirrmacher das Netz insgesamt. Aber es gibt durch Öffentlichkeit mehr zu gewinnen als zu verlieren.
Reste des alten, bürgerlichen Konzepts von Privatsphäre scheinen sogar noch bei Sascha Lobos Replik auf Schirrmacher durch, wenn er schreibt:

Erklären wir, weshalb wir seltsame Fotos von uns ins Netz stellen und trotzdem erwarten, dass unsere zukünftigen Arbeitgeber nicht in diesen manchmal öffentlich zugänglichen, aber privaten Daten herumschnüffeln. Es würde ja auch niemand gern bei einer Firma arbeiten, die den Hausmüll eines Bewerbers durchwühlt, selbst wenn die Tonne vor der Tür steht.

Öffentlich zugänglich, aber privat – ist das nicht ein Widerspruch in sich? Vielleicht. Jedenfalls stehen wir, wie Markus Breuer treffend diagnostiziert, vor einem kulturellen Wandel, der die Verhältnisse von Geheimnissen und Privatsphäre gründlich ändern wird.

Dass das uns, die wir in einer anderen Kultur von Heimlichkeit und „privacy“ aufgewachsen sind, nicht gefallen muss, liegt auf der Hand. Das ändert nichts daran, dass es so kommen wird – und sich die Gesellschaft daran gewöhnen und anpassen wird. Im Zeitalter des Internets ist es sehr, sehr, sehr schwierig, Geheimnisse zu bewahren. Das gilt so für „den kleinen Mann“, aber auch für die Mächtigen dieser Welt. Gerade Letztere mussten das in den letzten Jahren immer wieder einmal merken. Und tatsächlich sehe ich da nicht nur ein „Ausspähen“, sondern auch eine wachsende Transparenz, die viele gute Seiten hat. Es kommt halt immer auf den Betrachtungswinkel an.

Transparenz ist das Gebot der neuen Zeit.

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The Game Changer has left the P&G building

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Last June, A.G. Lafley stepped down as CEO of Procter & Gamble, a position he held since 2000, but remained chairman. Now he announced that he will leave the chairman job as well.

It is not overstating things to say that Lafley brought P&G into the next century — and turned the once-staid company into a hive of innovation, bold business deals, and an absolute focus on the customer.

Together with Ram Charan, he wrote a book called The Game-Changer. The title slightly reminds me of the conference motto we’ve chosen for next10.
In his book, A.G. Lafley sums up his recipe for P&G’s success in five simple steps:

  1. We put the consumer at the center of everything we do.
  2. We opened up.
  3. We made sustainable organic growth the priority.
  4. We organized around innovation.
  5. We began thinking about innovation in new ways.

Sounds familar? Let me put it this way: A.G. Lafley adapted the secret formula of success for Web 2.0 to the consumer goods industry – and he started at a time well before Tim O’Reilly even coined the term itself. And so he changed the game.

Die neun Standardargumente der Technologiekritik

Kathrin Passig hat in einem brillianten Aufsatz für den Merkur die stereotypen Argumente der Technologiekritik untersucht, wie sie seit der Erfindung der Technologie (wann immer das auch war) regelmäßig mit den zur jeweiligen Zeit üblichen Schreibwerkzeugen (auch Technologie!) zu Stein, Papyrus, Papier oder Elektron gebracht werden. Für den eiligen Leser hier kurz die Standardargumente in ihrer logischen Reihenfolge:

  1. What the hell is it good for?
  2. Wer will denn so was?
  3. Die Einzigen, die das Neue wollen, sind zweifelhafte oder privilegierte Minderheiten.
  4. Das Neue ist eine Mode, die vielleicht wieder vorbeigeht.
  5. Täuschen Sie sich nicht, durch das Neue wird sich absolut nichts ändern.
  6. Das Neue ist nicht gut genug.
  7. Schwächere als ich können damit nicht umgehen!
  8. Es schickt sich nicht, das Neue (Buch, Mobiltelefon, Notebook etc.) in der Öffentlichkeit zu benutzen.
  9. Hat die neue Technik mit Denken, Schreiben oder Lesen zu tun, dann verändert sie ganz sicher unsere Denk-, Schreib- und Lesetechniken zum Schlechteren.

Dass jede Technologie diese Stufen von neuem durchlaufen muss, erklärt das unvorhergesehen hohe Internetkritikaufkommen der letzten zwei Jahre. Während die Kritik am 1994 aufgetauchten World Wide Web in ihren Endphasen angelangt ist, bewegen sich diverse internetbedingte Neuerungen gerade durch die ersten Stufen, etwa der 2006 gestartete Mikrobloggingdienst Twitter: »Unklar daran«, schrieb der Journalist Bernd Graff 2008 in der Süddeutschen Zeitung, »ist nur, warum man das tun sollte, warum man also überhaupt mikro-bloggen oder, wie man – benannt nach dem prominentesten Mikro-Blogging-Anbieter – inzwischen auch sagt, warum man >twittern< sollte« (Argument eins). Es scheint derzeit etwa zehn bis fünfzehn Jahre zu dauern, bis eine Neuerung die vorhersehbare Kritik hinter sich gebracht hat. Die seit 1992 existierende SMS wird mittlerweile nur noch von extrem schlechtgelaunten Leserbriefschreibern für den Untergang der Sprache verantwortlich gemacht. Immerhin aus Irland, einem Museum anderswo bereits ausgestorbener Kulturkritik, drang noch 2007 die Kunde, das Schreiben von Kurznachrichten verrohe die Sprache der Jugend.