Verdrängt Web 2.0 die Massenmedien?

Deutscher Handels-Werbekongress 2007: New Communication - Handelswerbung im digitalen Zeitalter!

Diese Frage – längst nicht mehr rein akademisch, aber dafür rhetorisch – hat inzwischen auch die Handelswerbung erreicht. Auf dem Deutschen Handels-Werbekongress 2007 beschäftigt sich damit ein Medien-Gipfel auf prominentem Platz am ersten Kongressvormittag.

Die Keynote („Zukunft Digitalisierung! – Haben klassische Medien ausgedient? Kommunikation in der Ökonomie der Peer Production“) hält Miriam Meckel, Professorin für Corporate Communication und Direktorin des Institutes für Medien- und Kommunikationsmanagement an der Hochschule St. Gallen. Danach folgt ein Impulsreferat von Matthias Schrader zum Thema „Retail Advertising in the digital age – Wie wird die Handelskommunikation von morgen aussehen? Wird Web 2.0 die Handelskommunikation verändern?“. Anschließend diskutiert eine hochkarätig besetzte „Top-Medienrunde“ über diese Thesen.

Termin: 14. und 15. Februar. Ort: Wiesbaden. Mehr zum Programm hier.

Die WAZ will mal reden

Und zwar über Web 2.0. So schreibt Thomas Mader in einem Kommentar („Die Macht der Veränderung“) für die morgige Ausgabe:

Das Flugzeug als Massentransportmittel hat der Globalisierung den entscheidenden Stoß gegeben, doch erst mit dem Internet ergreift eine ungeheure Beschleunigung unser Leben, sie ist längst nicht mehr nur virtuell. Die Chance und der Druck, immer informiert und erreichbar zu sein, haben zugenommen. Aber das wirklich Neue am neuen Internet ist die Chance der Teilhabe. Das Web 2.0 ist ein Mitmach-Netz.

Die Version 2.0 fasst Entwicklungen und Innovationen zusammen, die sich durchgesetzt haben seit dem wirtschaftlich und psychologisch tiefen Fall der Internet-Wirtschaft in 2001. In seiner Anfangsphase war das Netz vor allem ein darstellendes Medium. Doch mittlerweile reagieren Internetseiten wie richtige Programme. Und viele kann man gar mitgestalten. Die Wichtigste: In „Communitys“ finden Menschen Gleichgesinnte oder Diskussionsgegner, Geschäftspartner oder ähnlich Kaufende.

Diese „Gemeinden“ sind, wie jeder Ballungsraum, wirtschaftlich ungemein interessant. Denn Nutzer sind potenzielle Kunden – und Mitarbeiter. Die so genannten „Nutzergenerierten Inhalte“ sind Informationswaren, die der Kunde freiwillig und umsonst erstellt. Er schreibt Lexikon-Einträge bei Wikipedia oder macht als Leserreporter Fotos für seine Zeitung. Auch das ist wahr: Die Sozialarbeit im Netz führt zu einem Wertverlust der Arbeit in der realen Welt.

Die WAZ startet eine Serie, mit der „die Facetten dieser digitalen Revolution beleuchtet werden“ sollen. Vorboten von Westeins?

Umsätze, frisch sortiert

Onlinewerbung und E-Commerce wachsen weiterhin kräftig. Soviel steht fest. In den letzten Wochen sind einige Zahlen auf den unbedarften Beobachter eingeprasselt, die ein reichlich verwirrendes Bild hinterlassen. Sortieren wir mal.

Onlinewerbung

Es begann mit einer Meldung des Bitkom, die der klassischen Werbung im Internet für 2006 ein Wachstum von 45 Prozent (schön) auf rund 480 Millionen Euro (zu wenig) attestierte. Der Onlinevermarkterkreis (OVK) hielt sofort zwei Tage später dagegen und wies auf seine September-Prognose hin, die für 2006 bereits 785 Millionen Euro klassische Online-Werbung erwarten ließ.

Inzwischen hat der OVK diese Zahl noch einmal nach oben korrigiert: 903 Millionen Euro seien es tatsächlich gewesen. Die Basis für diese Einschätzung sind die Zahlen von Nielsen Media Research [PDF]. Nielsen hat Bruttowerbeaufwendungen von 692 Mio. Euro ermittelt, der OVK schlägt da noch etwas auf.

Für Suchwortvermarktung (Prognose: 710 Mio.) und Affiliatemarketing (155 Mio.) gibt es noch keine neuen Zahlen. Die drei Segmente addierten sich in der September-Prognose bereits auf 1,65 Milliarden Euro. Die Gesamtumsätze mit Onlinewerbung und die erste Prognose für 2007 sollen bei der Jahrespressekonferenz des BVDW am 15. März auf der CeBIT auf den Tisch gelegt werden.

Den Hintergrund der niedrigeren Bitkom-Zahlen beleuchtet Value Mountain.

E-Commerce

Hier ist die Lage umgekehrt. Traditionell gibt der Bitkom für den E-Commerce-Umsatz vergleichsweise hohe Zahlen an. 46 Milliarden Euro seien es 2006 gewesen, lautet die jüngste Meldung. Das ist ein Plus von 44 Prozent. Für 2010 werden 145 Milliarden Euro prognostiziert, das wären durchschnittlich 33 Prozent Wachstum pro Jahr.

Zurückhaltung übt dagegen der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE), der im November 2006 an seiner im Vorjahr abgegebenen Prognose festhielt und 16,3 Milliarden Euro E-Commerce-Umsatz für 2006 erwartete, davon 4,1 Mrd. im Weihnachtsgeschäft (November/Dezember). Für 2007 peilt der HDE 18,3 Mrd. an.

Noch darunter liegen die Zahlen des Bundesverbands des Deutschen Versandhandels (bvh). Der Online-Umsatz mit Waren – ein Teilsegment des E-Commerce – lag danach 2006 erstmals über 10 Milliarden Euro. Dazu kommen jedoch die Umsätze mit Dienstleistungen, für die der bvh keine Angaben macht – ist ja auch nicht sein Geschäft.

Für diese großen Unterschiede habe ich bislang keine plausible Erklärung. Warum die bvh-Zahlen so niedrig sind, hat Jochen Krisch im vergangenen Sommer in zwei Beiträgen erläutert.