Neues von Neusta

Der Bremer Technologie-Dienstleister Neusta, der Anfang des Jahres mit Interwall zur zehntgrößten Agentur des Landes fusionieren wollte, hat jetzt klargestellt, warum aus der Sache nichts werden konnte:

NEUSTA hat mit der Firma Interwall Gesellschaft für digitale Medien GmbH seit Anfang 2006 Fusionsgespräche geführt. Diese wurden von NEUSTA Anfang Juni 2006 abgebrochen, da zu diesem Zeitpunkt die für die mögliche Fusion vereinbarten Voraussetzungen von Interwall nicht mehr erbracht werden konnten.
Die Firma Interwall Gesellschaft für digitale Medien GmbH hat NEUSTA mitgeteilt, dass Sie in Liquiditätsschwierigkeiten größerem Umfangs geraten ist und beim Amtsgericht Bremen vorläufige Insolvenz anmelden mußte. Nach Angaben von Interwall ist die Tochterfirma Interwall Merchandising GmbH von der vorläufigen Insolvenz nicht betroffen.
Aufgrund dieser Sachlage sind die Voraussetzungen für die zwischen Interwall und NEUSTA beabsichtigte Fusion nicht mehr gegeben und NEUSTA hat die Fusionsverhandlungen abgebrochen. NEUSTA bedauert dies, da die mit der Fusion beabsichtigte Vereinigung von hoher technologischer Kompetenz und den Kompetenzfeldern einer Internet-Agentur strategisch sinnvoll gewesen wäre.

Neusta hat aktuell 77 Mitarbeiter (72 feste Mitarbeiter und 5 Auszubildende) und erwartet für 2006 einen Umsatz von 6,2 Mio. Euro (Umsatz 2005: 5,2 Mio. Euro). Das 1. Quartal 2006 sei mit der Gewinnung von drei Neukunden und einem Umsatz von 1,6 Mio. Euro das erfolgreichste Quartal der Firmengeschichte gewesen.

Partnerschaftsprobleme

Die Low-Cost-Carrier haben ein Problem mit ihren Affiliate-Programmen. Das Problem ist eine Folge des Erfolgs. Denn über Affiliates wird bei einigen Billigfliegern ein signifikanter Anteil aller Billigflüge gebucht, was Überweisungen in entsprechender Höhe nach sich zieht und die Marketingbudgets belastet.

Hinzu kommt ein Kannibalisierungseffekt: Denn große Affiliates wie billigflieger.de buchen Google-Anzeigen und treiben damit die Preise für die relevanten Suchbegriffe nach oben – mit dem Geld der Billigflieger.

Nun sind ja die Billigflieger Vorreiter einer Entwicklung in der Touristikbranche, die in Richtung eines verstärkten Direktvertriebs weist. Sie geben die Kostenvorteile der Internet-Buchung als Preisvorteile an ihre Kunden weiter.

Es gibt Carrier, die dieses Prinzip transparent machen und bei allen Buchungen über Reisebüros eine Provision offen ausweisen. Der Kunde zahlt den Aufschlag, das Reisebüro erhält die Provision.

Was unterscheidet nun ein Affiliate von einem Reisebüro? Im Grunde nichts. Jedenfalls aus Sicht des Billigflieger-Marketings. Theoretisch wären Reisebüros gut beraten, eigene Websites zu bauen, sich als Affiliate-Partner anzumelden und die Flüge ihrer Kunden über diese eigenen Websites einzubuchen.

Resultat: Die Kunden sparen den Provisionsaufschlag, für das Reisebüro ändert sich wenig. Bei Zanox zum Beispiel erhalten Affiliates von Air Berlin bis zu 6,00 Euro pro Buchung.

Das Affiliate-Marketing wird zum Problem, wo es eigentlich Vertrieb ist und kein Marketing. Denn als Vertriebskanal muss es sich, so die Direktvertriebs-Philosophie, selbst tragen, also seine Kosten direkt an die Kunden weiterreichen, die diesen Kanal nutzen.

Germanwings ist deshalb im März vorgeprescht und belastet die Buchungen über Affiliates mit einem Aufschlag. BloggingTom und Robert Basic berichteten, Germanwings erklärte daraufhin sein Geschäftsmodell:

Germanwings hat sich zur Umstellung des Affiliate-Programmes entschlossen, um alle Vertriebskanäle für den Verkauf von Flugtickets gleich zu behandeln.

Es ist nicht im Geschäftsmodell von Germanwings als Low Cost Airline vorgesehen, Provisionen für den Verkauf der Flugtickets zu zahlen.

Inzwischen denken andere Billigflieger darüber nach, dem Vorbild von Germanwings zu folgen. Kein Wunder: Die Marktmechanik zwingt sie dazu. Wenn sie nicht handeln, unterminiert das Affiliate-Marketing ihr Geschäftsmodell – mit ihrem eigenen Geld.

Billigflüge sind auch deshalb billig, weil die Vertriebskosten minimiert werden, indem die Kunden der einzelnen Vertriebskanäle die Kosten direkt tragen. Warum sollten die Kunden, die direkt auf den Websites der Billigflieger buchen, anteilig die Provisionen für indirekte Buchungen über Affiliates zahlen?

Nachtrag: Germanwings hat sein Affiliate-Programm bereits im Mai eingestellt.

Kontrollierte Vorläufige Insolvenz

Eine Erklärung für die Ungereimtheiten in Sachen Fusion zwischen Interwall und Neusta erreichte den Fischmarkt inzwischen per Telefon. Demnach sei Interwall zwischenzeitlich durch Zahlungsausfall von Seiten eines bedeutenden Kunden in Schwierigkeiten geraten und befinde sich nun in einer „kontrollierten vorläufigen Insolvenz“. Per Umstrukturierung – was in diesem Fall wohl „Entlassungen“ heißt – soll die Firma wieder flott gemacht und fortgeführt werden. Das Thema Fusion habe sich demnach erledigt.
Den Rest der Geschichte hatte gestern ibusiness.de:

„Im Rahmen der Fusionsverhandlungen hat Interwall uns mitgeteilt, dass sie Liquiditätsprobleme eines Betrages in bedeutender Höhe haben und gegebenenfalls einen vorläufigen Insolvenzantrag stellen müssen“, erklärt Neusta-Chef Dirk Schwampe auf iBusiness-Nachfrage. Darauf hin habe Neusta die Fusionsverhandlungen abgebrochen.
Inzwischen habe Interwall laut einer von Neusta veröffentlichten Stellungnahme beim Amtsgericht Bremen vorläufige Insolvenz angemeldet.

Ich Ich Ich-Marketing

Bernd M. Michael in seiner jüngsten absatzwirtschaft-Kolumne:

Wenn die Creativen nicht schnellstens die neuen Technologien verinnerlichen, praktizieren, creativ umsetzen und lieben lernen, gefährden sie ihren Job. Noch schieben viele Creativ-Direktoren den Internet-‚Kram’ auf die Schreibtische ihrer Assistenten. Man kann darauf wetten, dass diese Haltung schnellstens verschwindet.

Wir stehen vor einem Zeitalter des partizipatorischen Medien-Konsums: Der Konsument macht das Produkt. Mehr noch: Er will es auch machen, um die Sicherheit zu haben, individualistisch und damit anders als sein Nachbar oder Freund zu leben. Die Überschrift heißt: Nicht ich muss zur Marke passen. Die Marke muss zu mir passen. Damit ist der Raum für den Trend zu personifizierten Produkten vorgegeben.

Wir steuern auf ein zugegeben etwas teureres „Ich Ich Ich-Marketing“ zu. Mit neuen Spielregeln. Mit neuen creativen Herausforderungen. Insbesondere dann, wenn Player wie Microsoft, Google, e-bay, Yahoo und andere Blue Chips wie angekündigt in die Kommunikationswelt des Internets einsteigen.