Was macht eigentlich Artnet?

chart_artnet.jpg Bis vor einigen Monaten sahen Charts wie dieser genau spiegelbildlich aus: Der Gipfel war am linken Rand. Jetzt ist nicht nur der zeitliche Abstand zum Absturz gewachsen, sondern auch das eine oder andere einst hoffnungsvoll gestartete und dann an hoffnungslos überzogenen Erwartungen fast gescheiterte Geschäftsmodell.

Artnet hat offensichtlich so lange durchgehalten, bis das Konzept eines virtuellen Marktplatzes für Kunst endlich abgehoben hat. Was sind die Triebkräfte dieser Entwicklung?

  • Content: Das Artnet Magazine zieht Interesse, Leser und Traffic auf die Website.
  • Page Impressions: Mit 2,6 Millionen im Monat (Stand: Oktober 2005, Quelle: FAZ.net) ist die kritische Masse für Onlinewerbung erreicht, die Einnahmen steigen. Der allgemeine Aufwärtstrend der Onlinewerbung trägt ein Übriges dazu bei.
  • Internationalisierung: Artnet ging rechtzeitig nach New York und wächst von einer Basis im US-Markt aus jetzt in den europäischen Kunstmärkten.

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  • Ubiquität: Der (kostenpflichtige) Preisdatenspeicher wird im Kunsthandel praktisch flächendeckend genutzt. Die Höhe des Preises richtet sich nach der Zahl der Zugriffe.
  • Netzwerkeffekte: Mehr als 1.200 Galerien bezahlen für ihre Präsenz bei Artnet. Die Zahl ist viermal so hoch wie die Zahl der Aussteller auf der Basler Kunstmesse, sagt Vorstandschef Hans Neuendorf:

    „Einen größeren Marktüberblick gibt es im Kunstmarkt nicht und mit jeder zusätzlichen Galerie wird das Netzwerk nützlicher und attraktiver für alle Beteiligten. Dadurch vereinfacht und beschleunigt sich die Akquisition.“

  • Geduld: Artnet entstand schon 1989 (!) und stieg bereits 1995 ins Web ein.
  • Erfahrung: Hans Neuendorf ist Jahrgang 1937, kennt das Kunstgeschäft seit Jahrzehnten und war in den sechziger Jahren am Entstehen der Kunstmessen wie der Art Cologne beteiligt:
  • „Da war ein sehr großes Bedürfnis des Publikums, einen Überblick über Preise zu bekommen. Das Prinzip haben wir auch auf Artnet angewandt.“

  • Wachstumspotenzial: Bilder verkaufen über Artnet? Auktionen? Transaktionskosten minimieren? Impulskauf? Alles Themen, über die Hans Neuendorf nachdenkt oder die ihm schon Millionenverluste mit Pilotprojekten eingebracht haben.

Es sind letztlich die gleichen Themen, die auch den klassischen E-Commerce umtreiben. Inzwischen sind die Nischen groß genug für den Erfolg.

Mehr zu Artnet im Tagesspiegel und in der Berliner Zeitung.

Was ist Web 2.0?

„Wenn in Deutschland irgendein neuer Dienst aufpoppt, dann kann man sich sicher sein, dass dies ein Klon eines amerikanischen Dienstes ist und mangels Alleinstellungsmerkmal auch recht flott wieder von der Bildfläche verschwindet“, stellte Nico Lumma im Dezember lakonisch fest. „So sieht es derzeit in Deutschland in Sachen Web 2.0 aus.“

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Vor diesem düsteren Hintergrund betritt demnächst Qype die Bühne. „Qype ist der ideale Ort, um die besten Adressen, Dienstleister und Treffpunkte einer Stadt zu finden, zu empfehlen und andere Menschen zu treffen.“ Soweit die Selbstdarstellung. Beispiele für ähnliche Ansätze sind Yelp oder Insider Pages.

Bis Qype den Vorhang hochzieht, bleibt einstweilen das frisch freigeschaltete Blog als Hilfe zur Meinungsbildung. Gründer Stephan Uhrenbacher schreibt dort just über die Bedeutung von Web 2.0. Sein Fazit:

Web 2.0 = Cheap Technology + Social Web + Ubiquity

Erstens sind viele Techniken gereift, die die Erstellung von faszinierenden Websites schnell und günstig machen. Die Kultur des Teilens hat da viel beigetragen.

Zweitens werden wir demnächst viele praktische Beispiele sehen, wie viel Spaß „social networking“ machen kann.

Drittens kann dank DSL Flatrate und Firefox fast jeder Anwender diese neuen Systeme auch tatsächlich nutzen.

Dem ist nichts hinzuzufügen. (Außer vielleicht, dass sich Links in einem Blog immer ganz gut machen würden.)

Umschau am Morgen

Ein paar schnelle Links zum zweiten Frühstück:

Craigslist auf deutsch

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„Wie übersetzt man Craigslist auf Deutsch?“ Fragt Kai Pahl. Und gibt gleich selbst die Antwort: „Mit Heisetreff. Nur echt mit den Trollen.“

Mehr dazu bei Heise selbst.
Nachtrag: Eine Kurzrezension von Wolfgang Sommergut:

Es gibt keine RSS-Feeds. Wenn ich beispielsweise alle Wohnungsangebote in München beobachten will, muss ich regelmäßig auf heisetreff vorbeischauen – eine andere Möglichkeit wie etwa Alerts ist mir nicht aufgefallen. Erstaunlich finde ich zudem, dass man sich über Veranstaltungen nur per E-Mail benachrichtigen lassen kann, ein Import in einen Desktop-Client mittels iCalendar wird nicht angeboten. Auch sonst sind keine Einflüsse vom Web 2.0 zu sehen: Bei Veranstaltungen bieten sich Mashups mit Kartendiensten an (wie das etwa upcoming.org macht, das Gleiche gilt für Immobilienangebote (Craigslist zeigt wie das geht). Ja, und schließlich fehlt der Schriftzug „Beta“ 🙂 Was aber nicht heißen muss, dass keine neuen Features mehr kommen.