Bei Google recherchieren

Eine schöne Geschichte, die Google-Pressesprecher Stefan Keuchel da der Telepolis erzählt hat:

Vor einigen Monaten klingelte eine alte Dame an der Firmentür und wollte zur Röntgenabteilung von Google. Ihr Arzt hätte ihr gesagt, sie solle „ihr Beckenleiden bei Google recherchieren“. Das tat sie, allerdings offline. Sie suchte die Adresse von Google aus dem Telefonbuch und wurde vorstellig. Das Team am Counter erklärte den Irrtum und recherchierte mit ihr zusammen.

Die Stilform – Journalist im Interview mit Pressesprecher – ist für mich etwas gewöhnungsbedürftig. Kommt zwar immer wieder vor, sollte aber nicht unbedingt sein. [via Basic Thinking]

MySpace schlägt MSN Search

Sind Social Commerce, Me-Commerce oder Empfehlungsmarketing mehr als Schlagworte und schöne Ideen? Es gibt neue Indizien dafür: Zahlen der Marktforscher von Hitwise zeigen, dass Retail-Sites inzwischen mehr Traffic von MySpace bekommen als von MSN Search. MySpace liegt damit hinter Marktführer Google und Yahoo auf Platz 3. Techcrunch schreibt:

That’s big news, as it’s tangible evidence that youth oriented online social networking is a market driver of serious proportions.

Laut Hitwise kam in der 34. Kalenderwoche 4,69 Prozent des Traffics der Online-Retailer in den USA von Yahoo, 2,53 Prozent von MySpace und 2,33 Prozent von MSN Search. Google lag mit 14,93 Prozent vorn.
Diese Zahlen sind besonders interessant, weil Google vor wenigen Wochen einen 900-Millionen-Deal mit MySpace geschlossen hat. Die Google-Suche und -Werbung bei MySpace, bis jetzt noch nicht implementiert, werden das Bild wohl etwas verändern.
Die Zahlen belegen eindrucksvoll den Einfluss von Social Networks auf den E-Commerce. Noch einmal TechCrunch:

Perhaps more important to our readers, the numbers go some distance towards proving that young people using social networking sites are interested in shopping through links on those sites. In fact, they’re more of a force to reckon with than MSN searchers apparently. And social networking sites can profit from on site advertising just like search engines can. All those startup social networking sites hoping to monetize their traffic with AdSense? Maybe it’s more realistic than we thought.

Context is King

In einem Krankenhaus ohne WLAN kommt das gute, alte gedruckte Wort zu ganz neuen Ehren. In meinem Bücherstapel auf dem praktischen Multifunktionstisch lag natürlich auch das epochale Werk von Chris Anderson (obwohl ich zu meiner Schande gestehen muss, dass ich immer noch erst auf halber Strecke bin). Auf Seite 109 – die Paginierung des Vorabexemplars könnte abweichen – zitiert er Rob Reid von listen.com:

In a world of infinite choice, context – not content – is king.

Den Gedankengang fasst keiner so schön zusammen wie Chris Gilbey:

People keep talking about content being king. And though that may have been in some distant part of the past there has been a growing unreported move to context. This is not to dismis the value of the underlying content. But as convergence becomes more present, it is the context that is driving value.

Der Kontext ist die Navigationsebene des Long Tail. Die Beispiele sind bekannt: der Pagerank-Mechanismus von Google, die Empfehlungsmaschine von Amazon, die automatischen Playlists von Pandora oder Yahoo Launchcast (funktioniert nicht mit Firefox, deshalb kennt es kein Mensch), Nutzerrezensionen, Empfehlungen u.v.m.
Ich für meinen Teil muss ja sagen, dass ich den Satz „Content is king“ schon lange für ausgemachten Blödsinn gehalten habe, wenn auch aus anderen Gründen. Denn der Satz impliziert ja, es gebe so etwas wie Medieninhalt, der unabhängig wäre vom Medium oder Distributionskanal.
Das ist aber keineswegs der Fall, denn jedes Medium und sogar jeder Distributionskanal unterliegt seinen eigenen Gesetzen. Zwar ist es möglich, Kinofilme auch auf DVD zu brennen und im Fernsehen zu zeigen. Aber ein Kinofilm bleibt ein Kinofilm, und Kinofilme allein machen noch kein RTL.
Content wird in einer Welt mit breitem Zugang zu seinen Produktionsmitteln tendenziell zu einer Commodity. Der Mehrwert wird durch Kontext geschaffen.