Trendkost

Max Zorno stellt fünf Trends im Fach-Einzelhandel zur Debatte:

  • Trend 1: Viele traditionelle Fachhandelsgeschäfte werden sterben
  • Trend 2: Der stationäre Verkauf lebt weiter – aber in zwei gänzlich anderen Ausprägungen als heute
  • Trend 3: Beratung wird kostenpflichtig
  • Trend 4: Die Handelskette wird kürzer: Händler werden zu Herstellern
  • Trend 5: Das Internet wird zum Spezialitätenladen

Blogshopper

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Shopify wechselt von der Beta– in die Sneak-Preview-Phase. So sieht mein neuer, völlig unbehandelter Shopify-Shop aus. Das Admin-Interface verspricht einiges: Unter „Blogs & Pages“ lassen sich nicht nur statische HTML-Seiten, sondern auch ganze Blogs anlegen. Mal schauen, welche Features die Plattform bietet. Vielleicht ist ja Shopify in Bälde die Lösung der Wahl für jeden bloggenden Verkäufer oder verkaufenden Blogger?

Nachtrag: Klaas Wilhelm Bollhöfer analysiert, warum eher nicht.
Wird fortgesetzt.

Kabelsalat

Was bisher geschah: Telekom und Premiere wollen das schnelle DSL (auch als V-DSL bekannt) mit Hilfe der Bundesliga befeuern. Und die Telekom möchte V-DSL als Monopolprodukt in den Markt einführen und fordert deshalb Regulierungsferien.

Nun fragt Captain Cord nicht zu Unrecht:

und wat is mit kabel?
könnten die kabelnetz anbieter nicht für die nötige konkurrenz sorgen?

Antwort von Radio Eriwan: Im Prinzip ja.

Nun ist es aber so, dass der deutsche Kabelmarkt im Vergleich mit anderen Ländern deutlich im Rückstand liegt. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe:

  1. Das Netz wurde Anfang der 80er Jahre aus politischen Gründen und auf dem Wege des Kompromisses nicht als technische Einheit errichtet, sondern aufgetrennt. Das Verteilernetz bis zur sogenannten Netzebene 3 (NE 3) baute die staatliche Bundespost, auf der Netzebene 4 kam hingegen die private Wirtschaft zum Zuge und schloss die einzelnen Haushalte, aber auch ganze Wohnblöcke ans Netz an. Die Grundstücksgrenze schied den Hoheitsbereich der Post vom Wirken der ungezügelten Kräfte des Kapitalismus. (Hinzu kam, dass die Post auch auf NE 4 aktiv war – Wettbewerb halt.)
  2. Die Telekom hat dieses Erbe lange Zeit mehr schlecht als recht verwaltet. Sie sah im Kabelnetz zu Recht eine Konkurrenz für ihr Festnetz, für ISDN und später DSL. Zudem stand sie seit der Liberalisierung der Telekommunikation in der zweiten Hälfte der 90er Jahre unter enormem Druck, die Kabelnetze zu verkaufen, um eben diesen Wettbewerb möglich zu machen. Der Verkauf zog sich am Ende bis zum Jahr 2003 hin – und in all den Jahren tat die Telekom selbstverständlich nichts für die technische Weiterentwicklung der Kabelnetze.

Erst mit dem Verkauf der Telekom-Kabelnetze war der Weg frei für eine Wiedervereinigung der Netzebenen 3 und 4 – die Voraussetzung für den Ausbau der alten, analogen Verteilernetze ohne Rückkanal zu interaktiven, digitalen Breitbandnetzen.

Und hier kommt wieder Unity Media ins Spiel. Ihr gehören die NE-3-Netze in NRW und Hessen sowie mit Tele Columbus der größte NE-4-Betreiber in Deutschland. Und arena. Damit ist die kritische Masse aus Netzen, Kundenbeziehungen und Programm beisammen, um das Thema vorantreiben zu können.

In fast allen übrigen Regionen außer NRW und Hessen ist Kabel Deutschland unterwegs. Deren Hauptgesellschafter ist seit Anfang 2006 die britische Investmentgesellschaft Providence Equity Partners. Auch sie investiert (und verhandelt mit arena um die Verbreitung der Bundesliga in ihren Netzen).

Das Kabel holt zwar auf, ist aber beim schnellen Internetzugang hoffnungslos im Hintertreffen gegenüber DSL. Hier ist die Strategie der Telekom, beim Kabel auf Zeit zu spielen und gleichzeitig mit Hochdruck DSL aufzubauen, voll aufgegangen.

Und nun schickt sie sich an, das gleiche Spiel zu wiederholen. Bei V-DSL. 

Ein vorlauter Leserbrief

Teil 4 der mehrteiligen Serie zum zwanzigjährigen Bestehen der Page und zum zehnjährigen Bestehen von SinnerSchrader. Teil 1: Computersozialisierung bei Horten, Teil 2: Ein seltsames Protokoll, Teil 3: Schülerzeitung goes DTP

Calamus war der Urknall und schuf ein DTP-Paralleuniversum aus dem Nichts. Tausende semi- und vollprofessionelle Grafiker kauften sich ab 1986 Ataris (erst den ST, später Mega STs und TTs), waren begeistert von Calamus und den ebenfalls unverschämt günstigen Atari-Laserdruckern, welche die Tramiels kurze Zeit später nach Europa verschifften.

Es war ein in diesen Jahren sehr spannender, interessanter – und sehr deutscher Markt. Atari verkaufte in all den Jahren hierzulande wesentlich mehr Rechner als in ganz Nordamerika – und in den Staaten wurde der Rechner zum überwiegenden Teil mit Farbbildschirm als (schlechter) Spielerechner oder als Midi-Musikmaschine verkauft.

Hier hingegen bildete sich mit dem Erfolg von Calamus schnell ein ganzes Ökosystem an Drittherstellern. 3K Computerbild und TMS kämpften mit „Retouche“ und „Cranach“ um die Position des Photoshop-Äquivalents auf der Atari-Plattform, „Didot“ und „Avant Vektor“ wollten dem Illustrator Konkurrenz machen und unzählige weitere Firmen kümmerten sich um Treiber, Tools und Schriften. Die Entwickler, mit denen man auf der Drupa über die Feature-Pipeline diskutierte, kamen aus Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und Regensburg.

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PAGE-Autorentreffen Anfang 1992 (Foto: Page XXL)

Das Projekt Schülerzeitung fand 1989 sein natürliches Ende und ich trieb mich viel in Werbeagenturen rum, um mein Studium der Informatik und Geschichte als Texter zu finanzieren. Richtig glücklich war ich nicht. Daher traf es sich ganz gut, dass mich Jürgen Siebert, seinerzeit Chefredakteur der PAGE, eines Tages anrief – Grund war wohl ein etwas vorlauter Leserbrief – und fragte, ob ich nicht Lust hätte, über die Atari-DTP-Szene in der PAGE zu berichten.

Natürlich hatte ich.

Von nun an füllte ich monatlich meine zwei bis drei fair bezahlten Seiten, traf mich mit allen relevanten Entwicklern, die den Atari als Publishing-Maschine ganz groß rausbringen wollten (und den Amis mal zeigen wollten, was coole Software ist) und ich hatte den Schrank voller neuer, legaler (Rezensions-)Software.

Die Atari-Community wuchs und gedieh Anfang der 90er Jahre: Calamus professionalisierte sich mit Calamus SL, die ersten frequenzmodulierten Raster wurden in Deutschland auf Atari-Maschinen entwickelt und findige Köpfe machten den Atari zu den Litho-Boliden von Linotype, Hell und Scitex kompatibel.

1992 brachte Atari mit dem Falcon030 eine Harddisc-Recording-Musikmaschine und 1993 die Spielekonsole Jaguar auf den Markt. Die Tramiels in Sunnyvale hatte den professionellen DTP-Markt abgeschrieben. Konsequent lief ein Jahr später der letzte Rechner vom Band, die Atari-Entwicklerszene balkanisierte sich.

Zwar berichtete ich für die PAGE noch eine Weile über ihre Versuche, sich im Apple-, Windows- oder NextStep-Markt zu behaupten. Aber die Wettbewerber auf den neuen Zielplattformen hatten bezüglich der installierten Basis einen Vorsprung von vielen Jahren und waren global aufgestellt. Kaum eine Firma überlebte den Plattformschwenk.

Mir gingen die Themen aus – und ich wollte mich wieder aufs Studium konzentrieren. Es kam anders.

Fortsetzung folgt

Regulierungsferien

Diese Geschichte ist in gewisser Weise die Fortsetzung der Telekom-Premiere-Story, in der ein gewisses V-DSL-Netz eine wichtige Rolle spielt. Dieses Netz – sozusagen DSL 2.0 – plant die Telekom zu errichten und mittels der Premiere-Bundesliga-Combo zu vermarkten.

Sie fordert dafür allerdings einen Verzicht auf Regulierung seitens der Bundesnetzagentur. Das hört sich harmlos an, würde aber bedeuten, dass V-DSL für die nächsten Jahre ein Monopolprodukt der Telekom bleibt. Die bis dato bekannte DSL-Angebotsvielfalt, die fraglos enorm zur wachsenden Verbreitung schneller Internetanschlüsse in Privathaushalten beigetragen hat, würde es für V-DSL vorerst nicht geben.

Ironischerweise erinnert dieser Plan an die zu Recht gescheiterten Versuche von Leo Kirch, das digitale Fernsehen vollständig unter seine Kontrolle zu bringen. Kirch war damals Eigentümer von Premiere und investierte Milliarden in Technik, Verschlüsselung, Decoder, Verbreitung und Programm.

Kirch wollte die Bedingungen bestimmen, unter denen digitales Fernsehen in Deutschland stattfinden würde. Und er hat sich verzockt. Denn das Milliardengrab Pay-TV war letztlich die Ursache für die spektakuläre Pleite seines ganzen Konzerns.

Das wird der Telekom nicht passieren, aber für die Entwicklung des DSL-Marktes könnte die Monopolpolitik des Ex-Monopolisten, abgesichert durch den Koalitionsvertrag der Regierungsparteien, ähnliche Folgen haben.

Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine in dieser Woche veröffentlichte Studie im Auftrag des VATM (mehr dazu im Handelsblatt). Sie prognostiziert für das Jahr 2010 nur 20,7 Millionen Breitbandanschlüsse in Deutschland, falls der geforderte Regulierungsverzicht tatsächlich beschlossen würde. Im Falle eines freien Zugangs für Wettbewerber hingegen erwarten die Gutachter 23 Millionen Anschlüsse. Zum Vergleich: Ende 2005 gab es in Deutschland 10,8 Millionen Breitbandanschlüsse.

Ob 20,7 oder 23 Millionen – was macht das schon? Könnte man meinen. Die zunehmende Verbreitung schneller Internetanschlüsse ist aber eine der Säulen, auf denen das Wachstum des Online-Handels und der Online-Werbung ruhen. Wenn diese Entwicklung gebremst wird, könnte das sehr viel größere Folgen haben als ein paar entgangene Monopolgewinne bei der Telekom.

Und der Deal mit Premiere verschärft die Lage, weil die Telekom damit ein zugkräftiges Vermarktungsinstrument für V-DSL bekommt. Nun gibt es zwar erstmals ernsthaften Wettbewerb bei Bezahlfernsehen (Premiere vs. arena) und TV-Kabel (DVB vs. IPTV, Koaxial vs. Telefondraht) – doch dafür drohen monopolähnliche Strukturen beim DSL. Die VATM-Studie prognostiziert für Telekom/T-Online einen Marktanteil von fast 60 Prozent im Jahr 2010, falls die Regulierung tatsächlich bis dahin in Ferien gehen sollte.